Römisch, Frühe Kaiserzeit, 2. Hälfte 1. Jh. v. Chr.
In dieser Statuette, die aufgrund ihres Fundortes auch als "Apoll von Siebenbürgen" bekannt ist, hat sich uns ein Meisterwerk römischer Kleinplastik erhalten: Apollo ist hier nicht der rächende und strafende Gott, wie ihn etwa der berühmte Apoll vom Belvedere verkörpert, sondern der heilende Gott, der Gott des delphischen Orakels und der Musenführer, dessen Attribute nicht der Bogen und die Verderben bringenden Pfeile, sondern Lorbeer und Leier sind. So wird auch der Apollo unserer Statuette in der Linken einen Lorbeerstamm, in der gesenkten Rechten einen Zweig gehalten haben. Bekanntlich war der Lorbeer dem Apollo heilig; aufgrund seiner reinigenden und entsühnenden Kraft spielte er im Kult eine wichtige Rolle. Typologisch stellt die Statuette eine verkleinerte Wiederholung einer überlebensgroßen Marmorstatue dar, die 1891 im Tiber in Rom gefunden wurde (Rom, Museo Nazionale). Wie beim Jupiterkopf (Kat.-Nr. 21) liegen auch beim "Tiberapollo" und den mit ihm verwandten Statuetten Werke des römischen Eklektizismus vor. Im Verhältnis zur Modellierung des Körpers, der frühklassischen Werken der griechischen Skulptur des 5. Jahrhunderts v. Chr. entspricht, wirkt die Haartracht mit den Stirnlöckchen und den langen, auf die Schultern herabfallenden Spirallocken altertümlich. Um die Zeitenwende erlebte der Kult des Gottes Apollo in Rom einen neuen Aufschwung. Der spätere Kaiser Augustus, der Apollo zu seinem persönlichen Gott auserwählt hatte, weihte aus Dank für das Eingreifen des Gottes in der Seeschlacht von Actium 28 v. Chr. in der Nähe seines eigenen Palastes, der Casa di Augusto, einen neuen Apollotempel. Nach Ovid (Metamorphosen 15, 865) gab es im Lararium, in dem privaten Kultbereich dieses Palastes, einen Phoebus domesticus, einen "Hausapollo". Auf diesen in mehreren Statuetten überlieferten Typus könnte auch unsere Statuette zurückgehen. Die archaisierende Stilisierung, die der Bronze einen hohen dekorativen Reiz verleiht, wurde wohl auch deshalb gewählt, um das ehrwürdige Alter dieses Kultes zu dokumentieren.
Statuette
Römisch
Frühe Kaiserzeit
2. Hälfte 1. Jh. v. Chr.
Siebenbürgen , Rumänien
Bronze, Hohlguß
H. 28,5 cm, 3,31 kg
Kunsthistorisches Museum Wien, Antikensammlung
Antikensammlung, VI 2848
Schimke, A. v., Wien; 1893 Geschenk
Permalink (citable Link) to this page: www.khm.at/en/object/66805/
This object is still without a Art Patron. Accept the patronage and make sure that this cultural treasure is preserved for future generations.
Your donation is a direct and sustainable contribution to the scientific documentation, research, restoration, and presentation of the artworks of the Kunsthistorisches Museum Wien.