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Steinschlosspistole

1857 überreichte der tunesische Botschafter am kaiserlichen Hof in Wien im Auftrag des Beys von Tunis, Muhammad II. al-Husain, Kaiser Franz Joseph I. dieses Pistolenpaar. Die Pistolen sind ein Werk des in Marseille arbeitenden Büchsenmachers Claude Bizouard. Sie tragen am Schloss die Signatur »Bizouard à Marseille«. Die Familie Bizouard hatte bereits seit zumindest zwei Generationen, seit dem späten 18. Jahrhundert, in Marseille eine Werkstatt zur Produktion von Feuerwaffen betrieben.

Die Läufe der beiden Pistolen (Inv.-Nr. A 1679, A 1680) sind reich geschnitten, graviert, vergoldet und mit Goldtauschierung verziert. Die Schäfte bestehen aus Nussbaumholz und sind mit Gold- und Silberdrähten eingelegt. Kolben und Schlossplatte sind mit gelblichen Brillanten besetzt. Um die Kolben ist je eine Schnur aus Gold und roter Seide gewunden; sie endet in einer Bouillonquaste.

Dieses kostbare Geschenk des zu jener Zeit nominell noch unter osmanischer Herrschaft stehenden Beys von Tunis an den Kaiser von Österreich ist aus der schwierigen politischen Situation des Beys zu verstehen. Die Dynastie Muhammads II. regierte seit 1705 über ein de facto unabhängiges Tunis. Doch aus dem 1856 beendeten Krimkrieg waren sowohl das Osmanische Reich als auch Frankreich, das seit 1830 im benachbarten Algerien eine Kolonie hatte, gestärkt hervorgegangen. Der Bey von Tunis musste nun zunehmend um seine Unabhängigkeit fürchten.

In dieser Situation dürfte es günstig erschienen sein, mit der Militärmacht Österreich, die im Krimkrieg neutral geblieben war, ein gutes Einvernehmen herzustellen. Die Wahl eines französischen Büchsenmachers wiederum zeigt den starken kulturellen Einfluss, den Frankreich im 19. Jahrhundert in Nordafrika ausübte.

Titel:
Steinschlosspistole

Besitzer/in:
Geschenk an Kaiser Franz Joseph I. (1830 Wien - 1916 Wien)

Zeit:
1857

Objektbezeichnung:
Feuerwaffe: Pistole: Steinschloss

Kultur:
Marseille

Besitzer/in:
Geschenk an Kaiser Franz Joseph I. (1830 Wien - 1916 Wien)

Auftraggeber/in:
Muhammad II al-Husain (1810 - 1859, Bey von Tunis 1855 - 1859)

Künstler/in:
Claude Bizouard (erw. 1840 - 1866, tätig in Marseille)

Material/Technik:
Lauf: Eisen, geschmiedet, teils geschnitten, teils graviert, teils punziert, teils feuervergoldet, teils gebläut, teils mit Gold tauschiert. Hahn, Batterie, Schlossplatte, Schrauben: Eisen, teils gegossen, teils geschnitten, teils punziert, teils feuervergoldet. Abzugbügel, Ladestockröhrchen: Silber, feuervergoldet, teils graviert. Schlossgegenplatte, Kolbenkappe: Silber, feuervergoldet, teils graviert, Silberblechstege, Diamanten. Schaft: Holz (Nussbaum), teils mit Gold und Silbereinlegearbeiten. Feuerstein. Schnur: Seide, Silberlahn. Bouillonquaste: Seide, Golddraht, Silber- und Goldlahn, Silberplättchen.

Maße:
L 49,5 cm × H 20 cm × B 6 cmGewicht: 1,50 kg

Signatur:
Am Schloß die gravierte Inschrift “Bizouard à Marseille”.

Bildrecht:
Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer

Inv. Nr.:
Hofjagd- und Rüstkammer, A 1680