In diesem Beitrag stehen die neu erforschte Geschichte und die Analyse der baulich-technologischen Parameter des Hammerflügels SAM 364 im Zentrum. Folgende neue historische Tatsachen ließen sich durch Recherchen zu diesem Instrument belegen, das 1921 in den Bestand der Sammlung alter Musikinstrumente aufgenommen wurde: Der Flügel stammt aus dem Besitz von Kaiser Joseph II. und kam 1781 an den Hof.
Hammerflügel SAM 364: Herkunft, Nutzung und historische Bedeutung
Zur Zeit Josephs II. wurden einige Reparaturen nötig, die auch heute noch am Instrument nachzuweisen sind und die zur Identifikation des Objekts beitragen. Nach dem Tod des Kaisers wurde der Flügel in das von Joseph II. stets bevorzugte Augarten-Palais gebracht, wo das Instrument lange gleichsam unberührt stand. Im Rahmen der InternationalenAusstellung für Musik- und Theaterwesen 1892 kam es zur Präsentation des Flügels und zu einigen Umbauten, die von der Firma Mikula Wien durchgeführt wurden. Gustav Mahler ließ sich den Hammerflügel 1905 für eine Mozart-Produktion in die Hofoper bringen, kam aber letztlich zu dem Entschluss, ihn aus Gründen mangelnder Stimmhaltigkeit und wegen der unpassenden Stimmtonhöhe nicht in der Oper einzusetzen./p>
Ausführlich diskutierte Indizien legen den Rückschluss nahe, dass der Flügel auch für das Konzert von Wolfgang Amadé Mozart und Muzio Clementi verwendet wurde, zu dem Kaiser Joseph II. im Dezember 1781 einlud.
Da es sich um ein unsigniertes Instrument handelt, bestand auch die Intention, dem Urheber auf die Spur zu kommen: Bis 2006 wurde der Flügel dem Wiener Instrumentenmacher Ignaz Kober zugeschrieben; danach ging die Fachwelt davon aus, dass der Orgelmacher Franz Xaver Christoph das Instrument gebaut hätte. In beiden Fällen beriefen sich die Organologen auf für den jeweiligen Hersteller typische Baumerkmale. Nun konnte geklärt werden, dass im Instrument eindeutig die Handschrift Kobers zu lesen ist und dass historische Dokumente darauf hinweisen, dass der Flügel über den Mittelsmann Georg Summer an den Hof gelangte, der – wie Christoph – ebenfalls in St. Stephan tätig war und der das Instrument höchstwahrscheinlich aus eben dieser Werkstatt erhielt. Da Christoph in der ersten Hälfte der 1780er Jahre der Lehrmeister Kobers war, steht außer Zweifel, dass Kober zum Hammerflügel SAM 364 zugearbeitet hat. Die aktuellen Forschungsergebnisse geben dem optisch recht unscheinbaren Hammerflügel SAM 364 im Kontext der Musikgeschichte Österreichs und in nachgewiesener Verbindung mit dem Kaiserhaus eine völlig neue Relevanz.