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Votivstatue eines Mannes

550 - 525 v. Chr.

 

 

Am Beginn der griechischen monumentalen Skulptur entwickelt

sich um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. der Typus des Kuros, des

unbekleideten Jünglings, der stehend, mit vorgesetztem linkem Bein und seitlich

anliegenden Armen wiedergegeben wird. Die zyprischen Werke der Bildhauerkunst

aus dieser Zeit, etwa die im Apollon-Heiligtum bei Pyla auf Zypern gefundene

Statue Kat.-Nr. 76, entsprechen in Aufbau und Haltung weitgehend diesem Typus.

(Vgl. zur Geschichte der Statue im 19. Jahrhundert den Aufsatz von A.

Bernhard-Walcher im vorliegenden Katalog.) Deutlich feststellbar sind bei den

zyprischen Skulpturen jedoch auch noch andere Einflüsse; sie resultieren aus

der wechselvollen Geschichte der Insel, die im 7. Jahrhundert unter

assyrischer, im 6. Jahrhundert unter ägyptischer, danach unter persischer

Vorherrschaft stand. Wie einige Kuroi aus dem ionischen Osten, aus Samos,

Pergamon und Milet, sind auch die zyprischen Statuen nach orientalischer Sitte

fast immer bekleidet; ihr Mantel erinnert an das schräge Mäntelchen der

griechischen spätarchaischen Koren, das ab der Mitte des 6. Jahrhunderts im

ionischen Osten entwickelt wurde.

 

Die Statuen der Kuroi wurden als Weihegeschenke in

Heiligtümern oder als Bild des heroisierten Toten auf Gräbern aufgestellt.

Diese überlebensgroße Statue wurde in einem Apollon-Heiligtum gefunden, wohin

sie wohl als Weihegeschenk gestiftet worden war.

 

Während die Statuen der griechischen Kuroi als Zeichen ihrer

Jugendlichkeit bartlos sind, trägt die Statue aus Pyla einen mächtigen, aus

stilisierten Ringellöckchen gebildeten Bart, der auf assyrischen Einfluß

zurückgeht; dazu kommt ein feiner Schnurrbart, der aus mehreren horizontalen,

plastisch angegebenen Bändern gebildet wird. Das Haar ist über der Stirn

gewellt und fällt am Hinterkopf in breiter Masse perückenartig tief in den

Rücken herab, wo es jedoch, wie die gesamte Rückseite, nur grob ausgearbeitet

ist. Hinter den weit nach hinten versetzten und zu hoch positionierten Ohren

fallen je drei Lockensträhnen über beide Schultern auf die Brust herab, wobei

regelmäßige, wellenförmige Vertiefungen, die wie in Ton eingedrückt erscheinen,

den Eindruck von geflochtenem Haar vermitteln sollen. Im Haar ein Blattkranz

mit gegenständigen Blättern, die über der Stirnmitte ihre Richtung ändern.

 

Das strahlende Antlitz wird durch die großen, mandelförmigen

Augen mit den hochgezogenen Brauen, die kräftige (zum Teil ergänzte) Nase und

den Mund bestimmt, dessen volle Lippen mit den leicht nach oben gezogenen

Mundwinkeln den Eindruck eines verhaltenen Lächelns hervorrufen. Die Statue ist

von überaus kräftigem Körperbau mit breiten Schultern, einer mächtigen Brust

und starker Arm- und Beinmuskulatur, wobei am linken Knie die Bildung der

Kniescheibe als linsenförmige Vertiefung auffällt, die fast an ein Auge

erinnert. Unter dem ursprünglich roten Mantel (Farbspuren über dem rechten

Oberschenkel), der die rechte Brust und die linke Körperseite freiläßt, dürfte

sich einst ein nur gemaltes, eng anliegendes Untergewand befunden haben (vgl.

Kat.-Nr. 77). Der Mantel ist an der linken Schulter geheftet und mit

bogenförmigen Falten um den Rumpf geführt; eine mehrfach zusammengefaltete

Stoffbahn fällt von der linken Schulter in abgetreppten, zickzackförmigen

Falten nach vorn herab.

 

Die strenge Frontalität, die Geschlossenheit des Umrisses

mit den herabhängenden, leicht angewinkelten Armen und den zu Fäusten geballten

Händen sowie die Schrittstellung dieser Kuroi entstanden zweifelsohne unter dem

Einfluß Ägyptens. Dieser wurde auch schon in der Antike erkannt; so beschreibt

zum Beispiel Diodor (I,98,9) im 1. Jahrhundert n. Chr. die Skulptur eines im

Kuros-Typus geschaffenen Apollon Pythios auf Samos als Statue, „die ägyptischen

Werken ähnlich ist“. Von Anfang an lösen die griechischen Künstler ihre Statuen

jedoch von dem Rückenpfeiler, durch den die ägyptischen Statuen dem Steinblock,

aus dem sie herausgearbeitet wurden, verhaftet bleiben. Während man in Ägypten

an der einmal gefundenen Form festhält, entwickelt sich im griechischen

Kulturkreis im Verlauf von 150 Jahren der Typus des archaischen Kuros zur

frühklassischen Jünglingsgestalt. In Zypern allerdings verläuft diese Entwicklung

(ähnlich wie in Etrurien) verlangsamt und nicht so kontinuierlich: So wirkt

diese um die Wende zum 5. Jahrhundert geschaffene Weihestatue noch durchaus

archaisch, wobei vor allem die nicht vollständige Trennung der Unterschenkel,

die im besonderen an ägyptische Statuen erinnert, auffällt.A. Bernhard-Walcher u. a., Die Sammlung zyprischer Antiken im KHM. Sammlungskataloge des KHM Bd. 2, Wien: 1999

 

 

Am Beginn der griechischen monumentalen Skulptur entwickelt

sich um die Mitte des 7. Jahrhunderts v. Chr. der Typus des Kuros, des

unbekleideten Jünglings, der stehend, mit vorgesetztem linkem Bein und seitlich

anliegenden Armen wiedergegeben wird. Die zyprischen Werke der Bildhauerkunst

aus dieser Zeit, etwa die im Apollon-Heiligtum bei Pyla auf Zypern gefundene

Statue Kat.-Nr. 76, entsprechen in Aufbau und Haltung weitgehend diesem Typus.

(Vgl. zur Geschichte der Statue im 19. Jahrhundert den Aufsatz von A.

Bernhard-Walcher im vorliegenden Katalog.) Deutlich feststellbar sind bei den

zyprischen Skulpturen jedoch auch noch andere Einflüsse; sie resultieren aus

der wechselvollen Geschichte der Insel, die im 7. Jahrhundert unter

assyrischer, im 6. Jahrhundert unter ägyptischer, danach unter persischer

Vorherrschaft stand. Wie einige Kuroi aus dem ionischen Osten, aus Samos,

Pergamon und Milet, sind auch die zyprischen Statuen nach orientalischer Sitte

fast immer bekleidet; ihr Mantel erinnert an das schräge Mäntelchen der

griechischen spätarchaischen Koren, das ab der Mitte des 6. Jahrhunderts im

ionischen Osten entwickelt wurde.

 

Die Statuen der Kuroi wurden als Weihegeschenke in

Heiligtümern oder als Bild des heroisierten Toten auf Gräbern aufgestellt.

Diese überlebensgroße Statue wurde in einem Apollon-Heiligtum gefunden, wohin

sie wohl als Weihegeschenk gestiftet worden war.

 

Während die Statuen der griechischen Kuroi als Zeichen ihrer

Jugendlichkeit bartlos sind, trägt die Statue aus Pyla einen mächtigen, aus

stilisierten Ringellöckchen gebildeten Bart, der auf assyrischen Einfluß

zurückgeht; dazu kommt ein feiner Schnurrbart, der aus mehreren horizontalen,

plastisch angegebenen Bändern gebildet wird. Das Haar ist über der Stirn

gewellt und fällt am Hinterkopf in breiter Masse perückenartig tief in den

Rücken herab, wo es jedoch, wie die gesamte Rückseite, nur grob ausgearbeitet

ist. Hinter den weit nach hinten versetzten und zu hoch positionierten Ohren

fallen je drei Lockensträhnen über beide Schultern auf die Brust herab, wobei

regelmäßige, wellenförmige Vertiefungen, die wie in Ton eingedrückt erscheinen,

den Eindruck von geflochtenem Haar vermitteln sollen. Im Haar ein Blattkranz

mit gegenständigen Blättern, die über der Stirnmitte ihre Richtung ändern.

 

Das strahlende Antlitz wird durch die großen, mandelförmigen

Augen mit den hochgezogenen Brauen, die kräftige (zum Teil ergänzte) Nase und

den Mund bestimmt, dessen volle Lippen mit den leicht nach oben gezogenen

Mundwinkeln den Eindruck eines verhaltenen Lächelns hervorrufen. Die Statue ist

von überaus kräftigem Körperbau mit breiten Schultern, einer mächtigen Brust

und starker Arm- und Beinmuskulatur, wobei am linken Knie die Bildung der

Kniescheibe als linsenförmige Vertiefung auffällt, die fast an ein Auge

erinnert. Unter dem ursprünglich roten Mantel (Farbspuren über dem rechten

Oberschenkel), der die rechte Brust und die linke Körperseite freiläßt, dürfte

sich einst ein nur gemaltes, eng anliegendes Untergewand befunden haben (vgl.

Kat.-Nr. 77). Der Mantel ist an der linken Schulter geheftet und mit

bogenförmigen Falten um den Rumpf geführt; eine mehrfach zusammengefaltete

Stoffbahn fällt von der linken Schulter in abgetreppten, zickzackförmigen

Falten nach vorn herab.

 

Die strenge Frontalität, die Geschlossenheit des Umrisses

mit den herabhängenden, leicht angewinkelten Armen und den zu Fäusten geballten

Händen sowie die Schrittstellung dieser Kuroi entstanden zweifelsohne unter dem

Einfluß Ägyptens. Dieser wurde auch schon in der Antike erkannt; so beschreibt

zum Beispiel Diodor (I,98,9) im 1. Jahrhundert n. Chr. die Skulptur eines im

Kuros-Typus geschaffenen Apollon Pythios auf Samos als Statue, „die ägyptischen

Werken ähnlich ist“. Von Anfang an lösen die griechischen Künstler ihre Statuen

jedoch von dem Rückenpfeiler, durch den die ägyptischen Statuen dem Steinblock,

aus dem sie herausgearbeitet wurden, verhaftet bleiben. Während man in Ägypten

an der einmal gefundenen Form festhält, entwickelt sich im griechischen

Kulturkreis im Verlauf von 150 Jahren der Typus des archaischen Kuros zur

frühklassischen Jünglingsgestalt. In Zypern allerdings verläuft diese Entwicklung

(ähnlich wie in Etrurien) verlangsamt und nicht so kontinuierlich: So wirkt

diese um die Wende zum 5. Jahrhundert geschaffene Weihestatue noch durchaus

archaisch, wobei vor allem die nicht vollständige Trennung der Unterschenkel,

die im besonderen an ägyptische Statuen erinnert, auffällt.A. Bernhard-Walcher u. a., Die Sammlung zyprischer Antiken im KHM. Sammlungskataloge des KHM Bd. 2, Wien: 1999

Zeit:
550 - 525 v. Chr.

Kultur:
Zyprisch

Fundort:
Pyla (Zypern)

Material/Technik:
Kalkstein; Reste von Bemalung

Bildrecht:
Kunsthistorisches Museum Wien, Antikensammlung

Inv. Nr.:
Antikensammlung, I 341

Provenienz:
Lang, Sir Robert H.; Millosicz, Georg von, Wien; 1872 Kauf