Kombinationswaffe, Kuriosum: Laternenschild mit Eisenhandschuh und einschiebbarer Stoßklinge

vor 1596, Besitzer: Erzherzog Ferdinand II. Sohn des Ferdinand I. von Habsburg Österreich, Landesherr von Tirol

 

 

Laternenschild mit Eisenhandschuh und einschiebbarer Stoßklinge

Der Manierismus hatte eine besondere Vorliebe für technische Inventionen möglichst ausgefallener Art. Ein gutes Beispiel für diese Liebe zur technischen Spielerei ist der Laternenschild. Bei ihm handelt es sich um eine besonders reichhaltige und besonders unsinnige Invention für nächtliche Kämpfe. Auch zeigt sich an ihm die Freude des Manierismus am Enzyklopädischen, da möglichst viele einschlägige Funktionen in einem einzigen Objekt versammelt werden sollten. Den Hintergrund für die Entwicklung des Laternenschildes bildet eine Änderung in den Fechtgewohnheiten des 16. Jahrhunderts. An die Stelle des primitiven Hiebfechtens mit dem Schwert trat das komplizierte Stichfechten mit dem Degen, bei dem alle Paraden in der ersten Jahrhunderthälfte noch mit dem kleinen Rundschild des Infanteristen, in der zweiten Jahrhunderthälfte mit dem Linkshanddolch durchgeführt wurden. Die Linkshanddolche waren oft mit Vorrichtungen zum Klingenbrechen ausgestattet. Bei der Konstruktion des Laternenschildes handelt es sich um den Versuch, alle diese Fechtwaffen zu vereinigen. Er kombiniert den Rundschild und den langen Handschuh mit dem Dolch. Die ausgefahrene lange Klinge sollte als Offensivwaffe dienen, ebenso die abschraubbaren Spitzen in der Schildmitte und am Knöchel, die außerdem als Klingenfänger dienten und daher gezackt waren. Einen weiteren Klingenfänger zum Entwaffnen des Gegners stellen noch die freistehend angenieteten, konzentrischen Streifen am Schild dar. Besonders phantastisch und wirklichkeitsfremd war die Entwicklung der durch einen Springdeckel mit Zugsperre abgedeckten Laterne. Dahinter stand die Idee, den Gegner in der Nacht mit Hilfe dieser Laterne zu blenden und den so wehrlos gemachten Feind leichter bekämpfen zu können. In der Praxis wäre die Öllampe wahrscheinlich schon beim dritten Fechttempo ausgegangen, oder der Fechtende hätte das brennende Öl über sich selbst ergossen und sich so selbst angezündet, wie wohl der ganze Schild für den Träger gefährlicher war als für dessen potentiellen Gegner. Was der Schild an praktischer Nutzungsmöglichkeit vermissen lässt, machte er jedoch als Objekt, das Anlass für interessante Gespräche gab, wieder wett.

Derzeit ausgestellt: Neue Burg, Saal VIII

Objektdaten

Objektbezeichnung

Kombinationswaffe, Kuriosum

Datierung

vor 1596

Material/Technik

Schild: Eisen, geschmiedet, getrieben, geschwärzt, teils geschnitten. Nietkappen, Rosetten: Messing. Laterne: Eisenblech, teils getrieben, teils vergoldet). Textil (Samt). Goldlahn. Handschuh: Eisen, geschmiedet, getrieben, gebläut. Nietkappen: Messing. Ringpanzergeflecht: Eisen. Leder. Textil (Samt). Goldlahn.

Maße

L 82 cm x T 40 cm x L bei ausgefahrener Klinge101 cm x Dm 40 cm

Bildrecht

Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer

Inv. Nr.

Hofjagd- und Rüstkammer, A 384

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