Kunstgeschichten

Entdecken Sie in der Rubrik Kunstgeschichten abwechslungsreiche Essays zu verschiedensten Kunstwerken aus unseren umfangreichen Sammlungsbeständen.

Ein kostbarer Schatz

Albrecht Dürer, Maria mit der Birnenschnitte, 1512, KHM, Inv.-Nr. GG 848

In Nürnberg sind wir entstanden. Mein Urheber hatte sich nach seiner aufsehenerregenden Bildungsreise nach Venedig wieder gut in seiner Heimatstadt eingelebt und sich nun auch mir - neben all der anderen Arbeit - ausführlich gewidmet.

Frisierte Locken und gezupfte Augenbrauen, hohe Stirn, weiches Kinn, zarte Nase und roter Mund: das Bild einer Frau.

 

Jedoch kann ich keinen Augenkontakt gewähren.

 

Der golden schimmernde, aus mehreren Schichten bestehende Schleier hält euch etwas auf Distanz.
Denn ihr sollt auf das Kind achten, welches ich auf Händen trage.

Ich wünschte, ihr könntet nachempfinden, was ich spüre: Christus‘ speckig-warmer Körper bewegt sich fast schon unruhig, doch ich halte ihn sicher fest.

Und wenn doch etwas passiert – ihr würdet ihn auffangen?


Jenes Tuch, das zwischen meinen kräftigen Fingern und seinen weichen Kurven liegt, war ursprünglich violett – und damit ein landläufig verstandener Hinweis auf Weihnachtszeit und Ostern.

Das obere Ende einer Birne in Jesus' linker Hand deutet auf seine fruchtbare Botschaft – und man erkennt außerdem, dass ich die süße Frucht mundgerecht im Sinne meines göttlichen Auftrages vorbereitet habe. Süß sind aber auch die Spuren seiner kleinen Babyzähne.

geschrieben von Cäcilia Bischoff am 22.5.2017 in #Ich bin Maria
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