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Maria mit Kind

1512 datiert, Künstler/in: Albrecht Dürer

 

 

Maria mit Kind

Das relativ kleinformatige Gemälde war sicher als privates Andachtsbild bestimmt; ein Auftraggeber ist freilich unbekannt. Sein heute gebräuchlicher Name leitet sich von dem Obststück her, das der Christusknabe in der Hand hält. In Marienbildern darf die Birne auf Christus selbst gedeutet werden, die Frucht des mit Maria gleichgesetzten Birnbaumes. Ihr gesenkter Blick weist zudem auf den vorbestimmten Kreuzestod Christi voraus, der die Menschen von den Sünden erlösen sollte. Einen solchen Hinweis liefert wohl auch die Art und Weise, wie die Muttergottes ihr Kind hält – als bringe sie es zum Opfer dar. Bemerkenswert ist die aufwändige zeichnerische Vorbereitung der Madonnenfigur auf der grundierten Tafel, wie sie die Aufnahmen im infraroten, die Malschichten durchdringenden Licht zutage fördern: Die Unterzeichnung weist eine Feinheit, Dichte und Charakteristik auf, die sich mit Dürers Handzeichnungen auf Papier vergleichen lässt. Demgegenüber hat der Künstler den Christusknaben nur summarisch in den Konturen angelegt. Auch die malerische Ausführung unterscheidet sich bei beiden Figuren, denn der dünnen, lasierenden Malweise bei der Maria steht die betont plastische Modellierung des Knaben gegenüber. Ein vergleichbarer Marienkopf findet sich bereits auf Dürers 1509 entstandenem Gemälde mit der Hl. Familie in Rotterdam. Der stark gedrehte Knabe setzt dagegen die Kenntnis eines italienischen Urbildes voraus, das in Werken aus dem Kreis des Florentiners Andrea del Verrocchio (1435/36 – 1488) vielfach aufgegriffen worden war. Das Gemälde gehört mit hoher Wahrscheinlichkeit zu den zahlreichen Erwerbungen Kaiser Rudolfs II. (reg. 1576 – 1612), der in seiner Prager Residenz die größte Kunstsammlung seiner Zeit zusammentrug. Um die Mitte des 17. Jahrhunderts entstanden in Wien – dorthin waren mit der Übersiedlung des Hofes mittlerweile auch große Teile von Rudolfs Sammlungen verbracht worden – verschiedene malerische Kopien des Dürer-Gemäldes von Johann Christian Ruprecht (um 1600 – 1654) sowie ein Reproduktionsstich von Frans van der Steen (um 1627 – 1672), der das Marienbild gespiegelt zeigt. Diese Werke, die in der Größe mit Dürers Original übereinstimmen, trugen entscheidend zur Verbreitung der Komposition bei. Eines von Ruprechts Gemälden könnte bald nach 1662 in den Passauer Dom gestiftet worden sein, wo es lange als Gnadenbild verehrt wurde und Nachfolger in einigen Gemäldekopien hat, die sich noch heute in kirchlichen Sammlungen Süddeutschlands und Österreichs befinden. Eine davon unabhängige Rezeption erlebte Dürers Gemälde in Italien, und zwar durch Giovanni Battista Salvi, genannt Sassoferrato (1609–1685). Er malte mit seiner Werkstatt eine kaum zu überblickende Zahl an mehr oder minder getreuen Nachschöpfungen, die häufig nur noch entfernt an Dürers Urbild erinnern. Guido Messling [7.1.2018]

Derzeit ausgestellt: Kunsthistorisches Museum Wien, Saal XI

Objektdaten

Objektbezeichnung

Gemälde

Kultur

Deutsch

Datierung

1512 datiert

Künstler/in

Albrecht Dürer (1471 Nürnberg - 1528 Nürnberg) - GND

Material/Technik

Lindenholz

Maße

Bildmaß: 49,3 × 37,4 × 2,8 cm

Rahmenmaße: 64 × 52,8 × 5 cm

Signatur

Bez. rechts oben mit dem Monogramm, dat. 1512

Bildrecht

Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie

Inv. Nr.

Gemäldegalerie, 848

Provenienz

1600 von Rudolf II. erworben (?); 1758 in der Schatzkammer

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