Harnisch: Halbharnisch

um 1555, Besitzer: Nikolaus IV. Radziwill (1515-1565) Großmarschall von Litauen

 

 

Halbharnisch

Durch die engen Handelsbeziehungen zwischen Nürnberg und Polen entstand auch ein reicher künstlerischer Austausch. Der Nürnberger Plattner Kunz Lochner, einer der bedeutendsten Plattner dieses großen deutschen Zentrums der Waffenproduktion um die Mitte des 16. Jahrhunderts, verfertigte zwei Prunkrüstungen mit sehr ähnlichem Dekor. Bei der einen handelte es sich um einen Auftrag des polnischen Königs Sigismund II. August (1520-1572), des letzten Jagellonen; sie befindet sich heute in der königlichen Livrustkammaren in Stockholm. Die andere war eine Arbeit für Nikolaus IV., den Schwarzen Radziwill. Die gesamte Oberfläche des Harnisches wurde von einem unbekannten Ätzmaler mit einer ungemein farbenprächtigen Verzierung in Vergoldung und schwarzem und rotem Kaltemail geschmückt. Die reichen Bandarabesken überziehen die Rüstung wie ein Teppich. Die Radziwill'sche Garnitur, ein so genannter Doppelküriss für Feld, Turnier und Gestech, übertrifft die Rüstung des Königs Sigismund II. August nicht nur im Reichtum der koloristischen Effekte, sondern auch durch die größere Anzahl an Wechselstücken. Dieser Umstand dürfte die wirklichen Machtverhältnisse in Polen widerspiegeln, denn Nikolaus IV. Radziwill, genannt der Schwarze, Herzog von Nieswiez und Olyka, Reichsfürst, Großkanzler und Marschall von Litauen, Woiwode von Wilna usw., war als mächtigster Magnat Polens unermesslich reich. Seit 1547 mit dem prunkliebenden König Sigismund verschwägert, bestellte er sich zugleich mit seinem Schwager eine Garnitur beim selben Plattner. Der in Wien zusammengestellte Halbharnisch wurde schon 1581 von Erzherzog Ferdinand von Tirol für seine Sammlung in Schloss Ambras bei Innsbruck erworben. Die Rüstung war in Ambras in der Heldenrüstkammer ausgestellt, wurde dort jedoch mit dem Harnisch des Nikolaus Christoph Radziwill (1549-1616), des Sohns von Nikolaus IV., verwechselt. Die Einzelteile, die sich heute in Paris und New York befinden, sind wahrscheinlich im Zuge der Napoleonischen Kriege abhanden gekommen.

Derzeit ausgestellt: Neue Burg, Saal III

Objektdaten

Objektbezeichnung

Harnisch

Kultur

Nürnberg

Datierung

um 1555

Künstler/in

Kunz Lochner , (Plattner), zugeschrieben (1510 - 1567, tätig in Nürnberg)

Vormals zugeschrieben an

Material/Technik

Eisen, geschmiedet, getrieben, großflächig geätzt. Ätzdekor: teils feuervergoldet, teils farbig gefasst. Nietkappen, Schnallen, Rosetten, Federhülse: Eisen, feuervergoldet. Leder (teils modern). Textil: Seidensamt.

Maße

mit Sockel und Säule: H: 193 cm, T: 66cm
ohne Sockel und ohne Säule: H: 98,5 cm, B: 73 cm, T: 45cm, Höhe Sockel: 33 cm
Gewicht exkl. Sockel, exkl. Figurine: 21,45 kg

Bildrecht

Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer

Inv. Nr.

Hofjagd- und Rüstkammer, A 1412

Kunst & Patenschaft

Viele unserer Objekte sind auf der Suche nach Paten. Mit einer Kunstpatenschaft tragen Sie dazu bei, die Schätze der Kunstgeschichte für die Zukunft zu bewahren.
Als Kunstpate fördern Sie mit Ihrer Spende direkt und nachhaltig die wissenschaftliche Dokumentation, Erforschung, Restaurierung und Präsentation der Kunstbestände des Kunsthistorischen Museums Wien.

Werden Sie Kunstpate