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Technologische Studien

Band 8/2011

Inhalt

Museumsobjekte im Detail betrachtet:
Erste Erfahrungen bei der Anwendung eines digitalen 3D-Mikroskops im Museumsbereich an ausgewählten Beispielen des Kunsthistorischen Museums

Sabine Stanek, Christina Schaaf-Fundneider und Herbert Reitschuler

Im Dezember 2008 war es dem KHM mit MVK und ÖTM möglich, ein digitales 3D-Mikroskop anzukaufen. Das Gerät mit der Typenbezeichnung KH-7700 der japanischen Firma HIROX bietet zahlreiche Möglichkeiten der zweidimensionalen und dreidimensionalen zerstörungsfreien optischen Untersuchung von Kunstwerken. Der Beitrag enthält ausführliche Beschreibungen der technischen Besonderheiten des Mikroskops und zeigt dessen Vorteile bei der Anwendung im Museumsbereich auf.

Anhand ausgewählter Objekte aus verschiedensten Sammlungen des Kunsthistorischen Museums werden die Vorzüge des Gerätes im Gegensatz zu den Eigenschaften herkömmlicher Stereomikroskope hervorgehoben und es wird seine Stärke in Hinblick auf die tiefenscharfe, detailgetreue Darstellung von Oberflächenphänomenen sowie deren Vermessungsmöglichkeiten demonstriert.

Untersuchungen zur Marmorprovenienz von zwei Porträtköpfen aus Ephesos im Kunsthistorischen Museum in Wien

Manuela Laubenberger und Walter Prochaska

Durch eine Kombination verschiedener Analysenmethoden konnten die ursprünglichen Herkunftsgebiete des Marmors der beiden Porträtköpfe der Arsinoë und des Licinius, die im Theater von Ephesos gefunden wurden, mit einer sehr guten statistischen Wahrscheinlichkeit bestimmt werden. Der Marmor des hellenistischen Porträts der Arsinoë stammt aus der Region Ephesos und ist dem Marmortyp „Ephesos II“ zuzurechnen, während der aus der frühen Spätantike stammende Porträtkopf des Licinius aus prokonnesischem Marmor gefertigt ist – ein Ergebnis, das sehr gut mit einer Phase intensiver Produktion dieses Marmors übereinstimmt.

Zur Untersuchung der Provenienz der Marmore der beiden Porträtköpfe wurde eine Kombination petrographischer und geochemischer Methoden herangezogen. Weiters wurde zusätzlich zu den konventionellen analytischen Methoden die Analyse der Flüssigkeitseinschlüsse der Marmore zu deren Charakterisierung verwendet.

Das Ausstanzen bei walzengeprägten Münzen (16. – 18. Jahrhundert).
Eine Versuchsreihe zum historischen Durchstoß von Münzen

Monika Griebl und René Traum

Österreich mit seiner Münzprägestätte Hall in Tirol war auf walzengeprägte Währungsmünzen spezialisiert und technisch bestens ausgerüstet. Leider gibt es nur sehr oberflächliche zeitgenössische Dokumentationen über die Technik des Ausstanzens solcher Walzenprägungen. Durch das hier vorgestellte Experiment schaffen wir eine Diskussionsbasis in der Numismatik, wie das Ausstanzen der Münzen funktioniert haben könnte, ohne dabei die Münzoberfläche zu beschädigen. Die Vergleichsdaten unserer Testplättchen und der Originalmünzen zeigten uns deutlich, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Für eine Optimierung dieser Stanzmethode gibt es jedoch sicher den einen oder anderen Parameter, der noch verfeinert werden könnte.

Die erste bimetallische Münze?
Metallanalytische Untersuchungen an einem As des Kaisers Nero

Nikolaus Schindel, Bernhard Woytek, Bernadette Frühmann und Martina Grießer

In diesem Aufsatz wird ein Messing-As des römischen Kaisers Nero vorgestellt, in dessen Schrötling auf der Vorderseite ursprünglich ein Plättchen aus einem anderen Metall eingelegt war, das heute verloren ist.

Zur Untersuchung der Frage, ob es sich dabei um ein Kupferplättchen gehandelt haben kann, wurde das Stück im Naturwissenschaftlichen Labor des Kunsthistorischen Museums einer metallanalytischen Untersuchung unterzogen, deren Resultate hier veröffentlicht und diskutiert werden.

„Zway khleine Stückhl aneinander von Öelfarb auf Holcz […]“.
Das Wiener Diptychon von Hugo van der Goes: Technologische Beobachtungen und Restaurierung

Monika Strolz

Das „Wiener Diptychon“ von Hugo van der Goes zeigt auf dem linken Flügel den Sündenfall, auf dem rechten Flügel die Beweinung Christi. Die Außenseite des ursprünglich doppelseitig bemalten linken Flügels weist eine Darstellung der Hl. Genoveva in Grisaille-Malerei auf.

Anlässlich des Verleihs zur Ausstellung über niederländische Diptychen in Washington und Antwerpen 2006/2007 wurden zwei der drei Bilder restauriert, die Beweinung und die Hl. Genoveva. Die im Zuge der Restaurierungen durchgeführten technologischen Untersuchungen sollten den Erhaltungszustand und die Maltechnik der Bilder erfassen, zudem sollte der Frage weiter nachgegangen werden, ob die beiden Tafeln tatsächlich von Beginn an ein Diptychon gebildet haben, was vielfach angezweifelt wird. Während die Maltechnik der drei Gemälde weitgehend konsistent ist, konnten bei der Untersuchung mittels Infrarotreflektographie wesentliche Unterschiede in den jeweiligen Unterzeichnungen beobachtet werden.

Es waren in erster Linie ästhetische Gründe, die eine Restaurierung von Beweinung und Hl. Genoveva notwendig machten. Die Hl. Genoveva wies einen stark gegilbten, ungleichmäßigen und etwas vergrauten Firnis auf. Hinzu kamen unzählige kleine sowie mehrere größere, störend nachgedunkelte Retuschen. Bei der Restaurierung wurden die Firnisschichten weitgehend reduziert und alle störenden Retuschen abgenommen, was zu einer wesentlichen Verbesserung der farblichen Wirkung des Bildes führte. Danach erfolgte die Retusche der freigelegten Fehlstellen mit Gouache- und Harz-Öl-Farben.

Auch bei der Beweinung bildete ein gegilbter, fleckiger Firnis den Grund für die Restaurierung. Überdies waren vor allem in den blauen Partien (Gewänder, Himmel) störende farbliche Veränderungen zu beobachten. Bei der Firnisreduzierung sollten bestehende Ungleichmäßigkeiten ausgeglichen werden. Durch die anschließende Retusche wurden die blauen Bereiche, die durch Pigmentveränderungen und Bereibungen viel an Modellierung eingebüßt hatten, integriert, womit insgesamt eine Verbesserung der räumlichen Wirkung erreicht werden konnte. Bei beiden Bildern erfolgte zwischen den einzelnen Arbeitsschritten und abschließend ein Firnisauftrag. Zuletzt wurden beide Tafeln in integrierten Klimavitrinen montiert.

Die Konstruktion von Kastensärgen aus Holz in der Ägyptischen Sammlung des Kunsthistorischen Museums, Wien.
Teil II. Särge der Spätzeit und der ptolemäischen Zeit

Elfriede Haslauer

Etwa um die Mitte des 8. Jahrhunderts v. Chr. kommen als Außensärge solche in einer besonderen Hausform auf. Es sind rechteckige Kästen mit Pfosten an den vier Ecken und tonnenförmig gewölbtem Deckel. Darin liegt der mumienförmige Holzsarg mit der Mumie. Bei aufwändigeren Bestattungen sind es zwei – ein einfacher mit nur geringer Bemalung als mittlerer Sarg und ein hineinpassender Innensarg mit reicher Bemalung für die Mumie oder statt diesem die Mumie in reich bemalter Kartonagehülle.

Diese neue Form der Kastensärge entstand durch die völlig neue Konstruktion der Verbindung der Wände und des Bodens; sie basiert auf dem Verzapfen der Pfosten an den vier Ecken.

Rechtecksärge aus Holz bleiben auch in ptolemäischer und römischer Zeit neben den anthropomorphen Särgen vereinzelt in Gebrauch. Zusätzlich zum Pfostensarg gibt es verschiedene Varianten: Der Sargkasten kann als oberen Abschluss eine Hohlkehle haben und statt des gewölbten Deckels ein Satteldach mit Dreieckgiebel; es kommen aber auch flache Deckel vor. Die Sargkästen haben an den Ecken jeweils eine Schwalbenschwanzverbindung.

Der "Rochenhautschild" der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums.
Ein Reflex der portugiesischen Handelskontakte im 16. Jahrhundert. Untersuchung der Lackfassungen und Vergleiche mit ähnlichen Exemplaren

Ulrike Körber

Die portugiesische Expansion in Asien im 16. Jahrhundert führte auf breiter Linie zu einem Prozess des gegenseitigen Austausches. Durch die Verbindungen diverser asiatischer Kunst- und Handelszentren und aufgrund einer wachsenden Liebe zu exotischen Objekten von Seiten der Europäer entstanden Kunstobjekte, deren Vielfalt an Materialien und Techniken den Umfang der Handelstätigkeiten und des kulturellen Austausches innerhalb Asiens, aber auch zwischen Asien und Europa widerspiegeln. Das betrifft nicht zuletzt den „Rochenhautschild“ der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums (KHM), der aufgrund seiner ungewöhnlichen Mischung von Stilen und Dekorationstechniken bereits seit Jahren verschiedene Forscher über seine Herkunft und stilistischen Einflüsse grübeln lässt.

Eine erstmalige Untersuchung seiner Lackfassungen am Instituto dos Museus e da Conservação in Lissabon bringt Erkenntnisse, anhand derer es zumindest möglich scheint, eine Lacktradition zu bestimmen, die nach Ostasien weist. Vorder- und Rückseite können jedoch möglicherweise sogar an verschiedenen Orten mit ostasiatischem Lack veredelt worden sein. Dies führt zu neuen Fragestellungen, verdeutlicht aber auch, inwieweit verschiedene Handelswege genutzt wurden, um für hochrangige Empfänger einzigartige Sonderanfertigungen zu schaffen.

Buch
Technologische Studien, Band 8
€ 29,90 € 14,90
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