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Niederländische Blumenstillleben

In den Niederlanden genoss das Genre des Blumenstilllebens, das sich Anfang des 17. Jahrhunderts entwickelte, einen besonders hohen Stellenwert. Die Maler übertreffen darin die Natur selbst, indem sie die Pracht von Pflanzen darstellen, die zu verschiedenen Zeiten blühen und deren kostbare Blüten zudem nicht dem natürlichen Verfall unterliegen. Ihre detailgetreue Wiedergabe zeugt vom wissenschaftlichen Interesse der Künstler an der Natur. Die ästhetischen Meisterwerke der Blumenmalerei erfreuten sich als Gegenstand der Kontemplation großer Nachfrage.

Jan Brueghel d. Ä.
1568–1625
tätig in Rom, Mailand, Antwerpen und Brüssel

Großer Blumenstrauß in einem Holzgefäß1606/07

Nach 1600 entwickelte sich die Blumenmalerei zu einem selbständigen Zweig des Stilllebens. Als einer ihrer Hauptvertreter gilt Jan Brueghel d. Ä. Ihm werden sechzehn derartige Gemälde zugeschrieben. Der Große Blumenstrauß – eines der berühmtesten Blumenstücke überhaupt – bietet kein Abbild eines realen Buketts, sondern vielmehr eine enzyklopädische Gesamtschau seltener Arten. In der höchst akribischen, virtuosen Wiedergabe von 130 verschiedenen Blumen vereinen sich Kunst und naturwissenschaftliches Interesse.

Jan Brueghel d. Ä.
1568–1625
tätig in Rom, Mailand, Antwerpen und Brüssel

Kleiner Blumenstrauß um 1607

Der Kleine Blumenstrauß gehört zu den qualitätsvollsten Blumenbildern der Kunstgeschichte. Die von Blautönen dominierte Komposition ist von ausgeklügelter Raffinesse: Der Überhang an Blüten rechts wird durch eine leichte Verschiebung der Vase nach links ausgeglichen. Auf die Vergänglichkeit alles Irdischen deuten das entwurzelte Zyklamenstöckchen sowie Münzen, Schmuck und Ringe hin. Die Jahreszahl 1599 auf einer der Münzen datiert nicht das Bild, sondern ist nur ein terminus post quem. Das Werk entstand wahrscheinlich um 1607.

Jan Brueghel d. Ä.
1568–1625
tätig in Rom, Mailand, Antwerpen und Brüssel

Blumenstrauß in einer blauen Vaseum 1608

Kleinste stilistische Veränderungen im „Wiener Tulpenstrauß“, wie dieses Gemälde auch genannt wird, gegenüber dem Großen Blumenstrauß (GG 570) erlauben es, seine Entstehungszeit etwas später anzusetzen. Erstmals wird eine große Rosenblüte von Stängeln überschnitten und von einer anderen Blüte überlagert. Auffallend unter den feurigen Tulpen und flammenden Irisblüten ist die große, grau-blau-schwarze Traueriris, eine sehr selten abgebildete Züchtung. Bei der unterglasurblauen Vase, einem häufig verwendeten Motiv, handelt es sich um Wanli-Porzellan.

Ambrosius Bosschaert d. Ä.
1573–1621
tätig in Middelburg

Blumenstrauß 1609

Ambrosius Bosschaert d. Ä. ist einer der Begründer des niederländischen Blumenstilllebens. Solche Sträuße von zu verschiedener Zeit blühenden Blumen wurden mithilfe vorbereitender Einzelstudien nachträglich zusammengesetzt. Bei der unterglasurblauen Vase handelt es sich um Wanli-Porzellan, das zum ersten Mal von Portugiesen nach Europa gebracht wurde. Ihr aus vergoldetem Silber bestehender Fuß entstand Anfang des 17. Jahrhunderts in Antwerpen oder Holland.

Daniel Seghers
1590–1661
tätig in Antwerpen

Hl. Familie mit Blumenum 1650

Das religiöse Blumenstillleben verbindet sakrale Motive, hier illusionistisch in Form eines steinernen Reliefs wiedergegeben, mit dekorativem Blumenschmuck. Wie viele Bilder der Gattung entstand auch dieses in Kooperation zweier Künstler. So stammt die Grisaille-Kartusche mit den virtuos ausgearbeiteten Sträußen vom flämischen Blumenmaler Daniel Seghers. Dieser gehörte dem Antwerpener Jesuitenkolleg an, in welchem die Betrachtung der Natur, ihrer Schönheit und Vergänglichkeit als Andachtsübung praktiziert wurde.

Jan Lievens
1607–1674
tätig u. a. in Leiden, Amsterdam, London und Antwerpen
Jan van den Hecke
1620–1684
tätig in Antwerpen, Rom und Brüssel

Bildnis eines jungen Mannes im Blumenkranz um 1642/44

Anfang der 1640er Jahre waren die Barockmaler Jan Lievens und Jan van den Hecke zeitgleich in Antwerpen tätig und schufen im Zuge einer Gemeinschaftsarbeit dieses Gemälde. Während das Brustbildnis des lächelnden jungen Mannes mit Barett und Schärpe von der Hand des holländischen Lievens stammt, schuf der Flame van den Hecke die rahmende opulente Blumengirlande. Bereits 1659 wurde das Gemälde im Inventar der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm verzeichnet und galt hier zunächst als ein Porträt des jungen Rembrandts.

Rachel Ruysch
1664–1750
tätig in Amsterdam und Den Haag

Blumenstrauß 1706

Es ist für das liberale Milieu Hollands charakteristisch, dass sich hier selbständige Malerinnen leichter durchsetzen konnten, wenngleich sich ihre Tätigkeit vorwiegend auf das Gebiet der Stillleben- und Blumenmalerei beschränkte. Rachel Ruysch wurde als äußerst erfolgreiche Blumenmalerin 1701 gemeinsam mit ihrem Mann, dem Porträtmaler Juriaen Pool, Mitglied der Lukasgilde in Den Haag. Ihre internationale Klientel stammte mehrheitlich aus dem Adel. Das Gemälde zeugt von der stilistischen Weiterentwicklung des Genres im 18. Jahrhundert, in dem die Blumenarrangements mit stark inszeniertem Lichteinfall keinen symmetrischen Ansatz mehr verfolgen.

Jan van Huysum
1682–1749
tätig in Amsterdam

Blumenstrauß bei einer Säuleum 1718/20

Jan van Huysum führte im 18. Jahrhundert die lange Tradition der holländischen Blumenstillleben weiter. Seit dem 17. Jahrhundert wurden diese gerne mit Früchtestillleben als Paar geschaffen. Bei den hier ausgestellten Blumenstücken Huysums handelt es sich daher nicht um Pendants, sondern sie entstanden um 1720 unabhängig voneinander.
Der opulente Blumenstrauß kontrastiert stark mit dem dunklen Hintergrund, der die frühe Phase des Œuvres des Amsterdamer Malers charakterisiert.

Jan van Huysum
1682–1749
tätig in Amsterdam

Blumenstrauß vor einer Parklandschaft um 1720/22

Hinter dem virtuos ausgeführten Blumenstrauß in einer mit Putten verzierten Terracotta-Vase wird der Bildraum durch den Ausblick in eine Parklandschaft mit einer weiblichen Statue geöffnet. Das dadurch erzielte Aufhellen des Bildhintergrunds kennzeichnet die Entwicklung im Œuvre des Malers nach 1720. Die künstlich zusammengestellten Blüten mit minutiös ausgeführten Details sind mit malerischen Brillanz wiedergegeben. Huysum malte bevorzugt auf Mahagoni-Tafeln, deren perfekt glatte Oberfläche seinen malerischen Ansatz unterstützte.

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