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Allgemeines Statement von Generaldirektorin Dr. Sabine Haag zur Evaluierung der Forschung 2009-2015 durch den FWF

1. Forschungsauftrag

Das Kunsthistorische Museum Wien versteht seinen Forschungsauftrag in Entsprechung zum Bundesmuseen-Gesetz von 2002: Allgemeine Zielsetzungen sind die Bewahrung, der Ausbau, die wissenschaftliche Erschließung, die Präsentation und die Verwaltung des Sammlungsgutes. Darüber hinaus definieren der große historische Hintergrund als Sammlungsbestand des Habsburger Kaiserhauses und die kunst- und kulturgeschichtliche sowie kulturpolitische Bedeutung des Kunsthistorischen Museums in der Gegenwart die besondere Zweckbestimmung des Hauses (Museumsordnung 2006, §2(1)).

Mit Blick auf zukünftige Perspektiven steht die gesellschaftliche Relevanz im Fokus der Forschungsziele. Die Objekte im Museum werden beforscht und bewahrt und insbesondere der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.


2. Schwerpunkte und forschungsbezogene Handlungsperspektiven

Das Kunsthistorische Museum betreibt seiner akademischen Tradition verpflichtet kunstwissenschaftliche und archäologisch-kulturwissenschaftliche Forschung, unterstützt auch durch erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln. Der Fokus liegt auf der Erschließung des Bestandes und berücksichtigt dabei gleichermaßen Sammlungsgeschichte und die Schaffung von Schauzusammenhängen für Dauerpräsentation und Sonderausstellungen. Unmittelbar damit verknüpft ist die breite Vermittlung über Publikationen, digitale Medien (Website, Online- Datenbanken, e-publishing usw.), wissenschaftliche Symposien, Führungen und mediale Forschungskommunikation.

Das Kunsthistorische Museum hat einen weiteren Schwerpunkt in objektbezogener naturwissenschaftlich-technischer Forschung. Die Analyse und Dokumentation des Sammlungsbestandes stehen dabei ebenso im Fokus wie dessen Bewahrung, Restaurierung und technologische Aufarbeitung. Darüber hinaus ist das Museum ein aktiver Partner im Bereich der internationalen (Weiter)Entwicklung museumsrelevanter Forschungsfelder, wie z.B. präventiv-konservatorischer Fragen zur Aufbewahrung und Ausstellung von Objekten oder bei der Anwendung neuer Methoden und Materialien in der Restaurierung.

Das Museum positioniert sich im Umfeld der großen internationalen Forschungseinrichtungen durch Kontextualisierung der Forschung in Kooperation und Abstimmung mit Universitäten, Bibliotheken und Museen im In- und Ausland und gestaltet dadurch relevante Forschungsthemen mit, nutzt Synergien und optimiert die Wahrnehmbarkeit der eigenen Leistungen.

Die Erweiterung der Sammlungen ist aus budgetären Gründen zurzeit nur eingeschränkt möglich, dennoch aber ein wichtiges Anliegen.


3. Motivation für die Evaluierung

In Vorbereitung einer weitreichenden Strategie zur Erreichung der wissenschaftlichen Ziele erschien als erster Schritt eine Evaluierung des aktuellen Standes und der Ausrichtung der Forschung durch unabhängige, internationale Evaluatoren zur Skizzierung eines objektivierten status quo angebracht. Dafür wurde ein 7-jähriger Zeitraum (2009-2015) zur Begutachtung herangezogen. Aus der daraus abzuleitenden bisherigen Sichtbarkeit der Forschung sowie etwaigen Schwächen und nicht ausreichend genutzten Potentialen sollen konkrete strategische Maßnahmen abgeleitet werden.

Zugleich soll durch eine solche Bestandsaufnahme die Relevanz der Forschungstätigkeiten in musealen Kontexten künftig gestärkt und damit noch besser etabliert werden. Dies soll durch effiziente Nutzung der gegebenen Rahmenbedingungen im Bereich der Forschung die Erzielung sehr guter bis möglichst exzellenter Ergebnisse unterstützen. Zudem sind Möglichkeiten zur Zusammenarbeit auf nationaler Ebene hinsichtlich Ausstellungsplanung oder Infrastruktur auszuloten.

Im kürzlich fertig gestellten „Weißbuch“ zur Neuorganisation der Österreichischen Bundesmuseen ist eine regelmäßige Evaluierung der wissenschaftlichen Agenden als Empfehlung festgehalten; das Kunsthistorische Museum hat hier als führende Forschungseinrichtung gleichsam vorweg einen Präzedenzfall geschaffen.


4. Ergebnisse/Empfehlungen:

Die im Evaluierungsbericht angesprochenen Verbesserungsvorschläge werden gerne aufgegriffen und – sofern sie sich nicht ohnehin schon im Stadium der Umsetzung befinden – unmittelbar in die nächsten Schritte der Entwicklung des Forschungsbereiches des KHM Eingang finden. Die erste Reaktion auf das Ergebnis der Evaluierung ist die Einsetzung eines hausinternen Forschungsrats und damit die Etablierung eines Gremiums, das sich intensiv mit dieser Thematik auseinandersetzt. Die Entwicklung einer Forschungsstrategie und die Konkretisierung eines Forschungsbudgets werden Grundlagen für die künftige Forschungstätigkeit sein.

Das Kunsthistorische Museum verpflichtet sich, die Evaluierung als Kontinuum anzusehen. Unter Beibehaltung der bewährten Zeitspanne von sieben Jahren sollte Anfang 2023 eine nächste Evaluierung der wissenschaftlichen Leistung der Jahre 2016-2022 vorgesehen werden. Die ersten Erfahrungen des KHM mit einem externen Evaluierungsprozess, die einzelne Schwierigkeiten in der direkten Übertragung von Evaluierungskriterien aus dem universitären Bereich auf die Museumsforschung aufgezeigt haben, sollten dabei zur Qualitätssteigerung Berücksichtigung finden.

Oberstes Ziel in der Weiterentwicklung des Kunsthistorischen Museums ist die Ausarbeitung einer Forschungsstrategie, die auf der Objekt- und Sammlungsgeschichte mit Fokus auf Dissemination basieren muss. Die Digitalisierung wird in Form eines Online-Bestandskataloges weiterentwickelt und soll dabei ambitioniert über Datenbanken und
e-publishing hinaus gleichsam einen „digitalen Besuch“ des Museums erlauben. Die Skizzierung des Museums als virtueller Raum, d.h. unter Einbindung all seiner Vernetzungen und der möglichst umfassenden Verschlagwortung von Objekten und Zusammenhängen, wird damit besonders der Empfehlung des Panels zur digitisation gerecht.

Die Kommunikation und Kooperation zwischen den Sammlungen und Abteilungen soll verbessert werden, nicht zuletzt durch eine Institutionalisierung von entsprechenden Gremien und Schnittstellen, ähnlich dem vom Panel vorgeschlagenen research seminar.

Um in einem sich international weiterentwickelnden Forschungsumfeld auch in Zukunft dem Ansehen der Institution gerecht mithalten zu können, ist die Infrastruktur dringend verbesserungswürdig. Dies gilt gleichermaßen für die räumliche Situation einzelner Bereiche, für die Anschaffung und den Betrieb von Forschungsequipment entsprechend dem State-of-the-Art vergleichbarer Organisationen, wie insbesondere für den Personalstand (Panel: seriously understaffed) zur wissenschaftlichen Bearbeitung des Sammlungsbestandes. Unter Berücksichtigung der schwierigen budgetären Situation muss möglichst zeitnah eine tragfähige Lösung entwickelt werden.

Im Zusammenhang mit der Strategieentwicklung wollen wir einen Diskurs über das Alleinstellungsmerkmal des Kunsthistorischen Museums anstoßen und insbesondere das Forschungsbewusstsein unseres Hauses in einem Leitbilddiskurs verankert wissen.

Grundsätzlich entspricht das positive Ergebnis der Evaluierung weitgehend der Selbsteinschätzung und unterstreicht die Erfüllung des gesetzlichen Auftrags zur Forschung im Kunsthistorischen Museum. Ebenso ist sie Auslöser eines Prozesses der kontinuierlichen (strategischen) Schärfung und Optimierung der verbandsweiten Forschungsagenden. Im Jahr 2018 wird deshalb auch die Forschungsleistung in den beiden anderen Verbandsmuseen Theatermuseum und Weltmuseum Wien in diesem Rahmen betrachtet.

[pdf]

KHM Evaluation Report
(131 KB)
Vienna, November 6th, 2017

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