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„Nahaufnahme“ – Forschung im Kunsthistorischen Museum Wien
Freitag, 16. November 2018, 9 bis 13 Uhr, Bassano Saal

Das Kunsthistorische Museum ist Österreichs größte außeruniversitäre Forschungseinrichtung für kunsthistorische Fächer. „Hinter den Kulissen“ des Ausstellungs- und Museumsbetriebs arbeiten KuratorInnen, RestauratorInnen und NaturwissenschaftlerInnen an der Bewahrung und Erforschung der Sammlungsbestände, die weltweit zu den bedeutendsten ihrer Art zählen. Im Rahmen der Forschungskonferenz möchten wir Ihnen einen Einblick in das Spektrum der im Haus betriebenen wissenschaftlichen Projekte bieten, die wiederum unverzichtbare Grundlagen für eine adäquate Vermittlung sowie für Ausstellungen und Publikationen im Museum darstellen.

In Kurzvorträgen stellen KuratorInnen, RestauratorInnen und NaturwissenschaftlerInnen des Museums ihre jüngsten Forschungsergebnisse vor. Im Fokus der diesjährigen „Nahaufnahme“ stehen u. a. die Recherchen zur Monografie über Victor Luithlen, den langjährigen Kustos (1938–1952) bzw. Direktor (1952–1966) der Sammlung alter Musikinstrumente, selten bis nie gezeigte Werke des wiedereröffneten Ephesos Museums, dessen 40-Jahr-Jubiläum 2018 mit der erstmaligen Präsentation eines Ausschnittes der Friese des „Heroons von Trysa“ gefeiert wird, sowie ein vor Kurzem entdecktes, bisher völlig unbekanntes Inventar der kaiserlichen Hofjagd- und Rüstkammer aus dem Jahr 1678.

Wir freuen uns auf Ihre Teilnahme!


Programm

9 – 9.15 Uhr

Begrüßung
Sabine Haag, Generaldirektorin

9.15 – 10.45 UHR

Chair: Stefan Weppelmann


Sharing Experiences - Erfahrungen aus dem EU-Projekt SWICH
Claudia Augustat und Doris Prlić

Von Herbst 2014 bis September 2018 war das Weltmuseum Wien Lead Partner des EU-geförderten Projekts SWICH – Sharing a World of Inclusion, Creativity and Heritage. Für SWICH arbeiteten zehn ethnografische Museen gemeinsam an Strategien für eine zukunftsweisende Museumspraxis. Inhaltlicher Schwerpunkt des Projekts waren Themen wie Migration und Zugehörigkeit, Diaspora-Identität, die Zukunft des Sammelns, Community-Beteiligung, kreativer Dialog oder digitale Medien in Museen. Diese Fragestellungen wurden bei Veranstaltungen wie Workshops, Konferenzen oder Lab-Meetings zwischen den internationalen Partnern diskutiert. Außerdem entwickelten die Museen Ausstellungen, luden KünstlerInnen zu Gastaufenthalten in die Museen ein und publizierten die Ergebnisse in verschiedenen Publikationen.

Bei ihrem Vortrag geben Claudia Augustat und Doris Prlić einen Einblick in die Erfahrungen aus diesen vier Forschungsjahren. Außerdem stellen sie einige der im Projekt diskutierten Fragestellungen vor. Wie können ethnografische Sammlungen in einer von Migration geprägten Gesellschaft als Identifikationspunkte fungieren? Welche Strategien nutzen Museen, um Vielstimmigkeit in ihren Ausstellungen und Programmen zu ermöglichen? Wie können ethnografische Museen Beziehungen zu lokalen Diaspora-Communities aufbauen? Wie kann eine inspirierende Zusammenarbeit mit KünstlerInnen aussehen und wie werden die Ergebnisse einer solchen Kooperation an das Publikum vermittelt? Wie beeinflussen und bereichern digitale Technologien die Arbeit in ethnografischen und Weltkulturen-Museen?

Claudia Augustat, Kuratorin der Sammlung Südamerika, Projektleitung SWICH, Weltmuseum Wien
Doris Prlić, SWICH-Projektkoordinatorin, Weltmuseum Wien


Das Ephesos Museum: Adaptierung und Ausblick
Georg Plattner

Das Ephesos Museum hat seit Herbst 2018 mit dem „Haus der Geschichte Österreich“ einen neuen Nachbarn und war wegen der notwendigen Umbauarbeiten über ein Jahr geschlossen. Die Umstellungen ermöglichten es, auch länger deponierte oder teils noch nie gezeigte Stücke in die Ausstellung zu integrieren und Dokumentation und Didaktik zu erneuern.

Die Funde aus den frühen Grabungen in Ephesos (Türkei) werden jenen der Expeditionen nach Samothrake (Griechenland) gegenübergestellt, ein Forschungsunternehmen der 1870er Jahre. Zusätzlich wird auch ein Ausschnitt der Friese des „Heroons von Trysa“ zu sehen sein. Dieses Grabmal aus Lykien in der Türkei ist wegen des fast vollständig erhaltenen Skulpturenschmucks der Einfriedung eines der bedeutendsten Denkmäler der späten Klassik. Mit dem Umbau der Räume, die nun temporär durch eine Sonderausstellung des Hauses der Geschichte bespielt werden, gibt es die Aussicht, die Friese in naher Zukunft endlich adäquat ausstellen zu können.

Die Wiedereröffnung des Ephesos Museums und dessen 40. Geburtstag werden zudem mit einer Dauerleihgabe der Akademie der bildenden Künste gefeiert: die „Hera von Ephesos“ ist nun zusammen mit den Skulpturen aus Ephesos zu sehen.

Georg Plattner, Direktor der Antikensammlung, Kunsthistorisches Museum Wien


Ein „sprechendes“ Geschenk aus Rom: Poussins „Zerstörung des Tempels von Jerusalem“ und andere Barberini-Gaben an Kaiser Ferdinand III.
Gudrun Swoboda

Bei seiner Abreise aus Rom wurde Fürst Johann Anton von Eggenberg, Botschafter des Heiligen Römischen Reiches, am 1. Januar 1639 im Palazzo Barberini zu einer Audienz empfangen. Bei dieser Gelegenheit überreichte ihm Kardinal Francesco Barberini mehrere Geschenke, darunter das Gemälde „Die Zerstörung des Tempels von Jerusalem“ von Nicolas Poussin. Mit großer Wahrscheinlichkeit war es als Geschenk des Barberini-Papstes Urban VIII. an Kaiser Ferdinand III. gedacht, was u. a. seine Dokumentation in den kaiserlichen Sammlungen ab den 1660er Jahren bestätigt.

Der Vortrag wird der Frage nach der inhaltlichen Bedeutung von Poussins Gemälde und seiner möglichen Botschaft als diplomatisches Geschenk im Jahre 1639 nachgehen. Dabei wird eine Neuinterpretation von Poussins Werk im Kontext der römischen Bildtradition vorgeschlagen, seine Rolle im Zusammenhang mit den weiteren päpstlichen Geschenken untersucht und schließlich ausblickend ein Vergleich mit anderen Beispielen von Barberini-Schenkungen an kunstliebende Herrscher angestellt.

Gudrun Swoboda, Kuratorin für Südeuropäische Barockmalerei, Kunsthistorisches Museum Wien


10.45 – 11.30 Uhr

Kaffeepause

11.30 – 13 Uhr

Chair: Michael Alram


„Des Kaisers Verwandtschaft auf dem Dach – Neues aus der Hofjagd- und Rüstkammer“
Stefan Krause

Die Wiener kaiserliche Rüstkammer ist neben Schloss Ambras bei Innsbruck die bedeutendste Quelle für den reichen Objektbestand der Hofjagd- und Rüstkammer des Kunsthistorischen Museums Wien. Doch im Gegensatz zu der sehr gut dokumentierten Geschichte der Ambraser Sammlung sind wir im Fall der Wiener Rüstkammer mit empfindlichen Wissenslücken zur Provenienz konfrontiert; die bisher älteste bekannte Beschreibung dieses Bestandes stammt aus dem Jahr 1846.

Ein vor Kurzem entdecktes, bisher völlig unbekanntes Inventar der kaiserlichen Rüstkammer aus dem Jahr 1678 öffnet nun ein Fenster in einen bisher völlig unbekannten Teil der Geschichte dieser hochbedeutenden Sammlung. Die wesentlichsten neuen Erkenntnisse aus diesem Fund werden im Rahmen der „Nahaufnahmen“ erstmals öffentlich präsentiert.

Stefan Krause, stellvertretender Sammlungsdirektor und Kurator der Hofjagd- und Rüstkammer, Kunsthistorisches Museum Wien


Victor Luithlen. Leben und Wirken
Beatrix Darmstädter und Rudolf Hopfner

Im Zuge der Vorbereitungen des Symposiums aus Anlass des 100-jährigen Bestehens der Sammlung alter Musikinstrumente als selbständige Sammlung des Kunsthistorischen Museums stellten die Referenten im sammlungseigenen und in staatlichen bzw. privaten Archiven Recherchen zur Biografie Luithlens bzw. zu dessen Tätigkeit als Veranstalter von Konzerten und als Vermittler an. Bald wurde klar, dass der Umfang die Dimension zweier Vorträge bei Weitem übersteigt, so dass nun eine Monografie über den langjährigen Kustos (1938–1952) bzw. Direktor (1952–1966) der SAM folgen wird.

Victor Luithlen kam als früherer Mitarbeiter des Archivs der Gesellschaft der Musikfreunde im Herbst 1938 ins Kunsthistorische Museum, somit zu jenem Zeitpunkt, als auf Anordnung der Nationalsozialistischen Dienststellen Instrumente aus dem Besitz dieser Gesellschaft als Leihgaben in die SAM verbracht wurden. Diese problematische Konstellation und seine Position während der Kriegsjahre bedürfen ebenso einer gründlichen und wissenschaftlich fundierten Darstellung wie Luithlens Wirken nach 1945, in dem wissenschaftliche Forschungstätigkeit, intensive Vermittlungsarbeit und der Aufbau einer internationalen Vernetzung von Forschern an Musikinstrumentensammlungen (CIMCIM) im Mittelpunkt standen.

Als weiterer Mitarbeiter am Buchprojekt wird Dr. Alfons Huber, Leiter der Restaurierwerkstätte der SAM, über die Entwicklung des restauratorischen Zugangs zu den Instrumenten und deren Spielbarmachung in der Zeit Luithlens schreiben.

Rudolf Hopfner, Direktor der Sammlung alter Musikinstrumente, Kunsthistorisches Museum Wien
Beatrix Darmstädter, Kuratorin der Sammlung alter Musikinstrumente, Kunsthistorisches Museum Wien


„mit einem wohlgetroffenen Porträt“ – zur Konzeption der Medaillen Kaiser Ferdinands I. (reg. 1835–1848)
Andrea Mayr

In den Medaillen und Münzen der ehemals kaiserlichen Sammlung des Münzkabinetts im Kunsthistorischen Museum Wien spiegeln sich die Familiengeschichte des Hauses Habsburg, historische Entwicklungen und unterschiedliche Kunstströmungen wider. Medaillen aus der Regierungszeit Kaiser Ferdinands I. von 1835 bis 1848 weisen im Wesentlichen auf dem Avers eine Kombination von idealisiertem Porträt und huldigender Inschrift auf. Auf dem Revers finden sich Historienreliefs, Insignien, Allegorien, Stillleben oder Genredarstellungen, die häufig auf den Anlass zur Prägung verweisen. Seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert war die Herstellung der vom Hof benötigten Medaillen eng an seine Institutionen und dessen Verwaltungssystem gebunden. In der Frage von entsprechendem Bild- und Legendenprogramm kam dem kaiserlichen Münz- und Antikenkabinett und den hier tätigen wissenschaftlichen Beamten eine wesentliche Rolle zu. Diesen wurde sowohl die Konzeption von Medaillenbild und Legende, als auch die grafische Umsetzung dazu übertragen. Erst auf Basis dieser Entwürfe konnte der Medailleur den Stempel schneiden und die Prägung am Hauptmünzamt in Wien ausgeführt werden.

Der Beitrag stellt im Rahmen des skizzierten Themenfeldes folgende Fragen: Wie gestaltete sich die Einbindung des Münz- und Antikenkabinetts in die Konzeption der vom Hof beauftragten Medaillen? Welcher Stellenwert kommt dabei den hier tätigen Numismatikern und der umfangreichen kaiserlichen Sammlung zu? Welche Vorlagen für Bildmotive und Textlegenden wurden herangezogen?

Anhand archivalischer Quellen und Korrespondenzen zu Krönungs- und Erinnerungsmedaillen Kaiser Ferdinands I. zwischen 1835 und 1848 werden Konzeption und Prägeabläufe untersucht. Damit stehen diese Medaillen erstmals im Mittelpunkt einer eingehenden Betrachtung. Produktionsbedingungen und -abläufe zur Medaillenprägung werden damit ebenfalls sichtbar gemacht.

Aus der Zusammenführung von historischen, kunsthistorischen und numismatischen Analysen kann die Rolle der kaiserlichen Münz- und Antikensammlung im Vormärz untersucht und damit zur Sammlungsgeschichte beigetragen werden.

Andrea Mayr, wissenschaftliche Projektmitarbeiterin im Münzkabinett, Kunsthistorisches Museum Wien


13 Uhr

Ende der Veranstaltung

Posterbeiträge

www.zdk-online.org – Die Online-Edition der Karteien des sog. Zentraldepots für beschlagnahmte Sammlungen in Wien
Lisa Frank und Susanne Hehenberger


Lexikon der österreichischen Provenienzforschung
Lisa Frank und Susanne Hehenberger


Ergebnisse der maltechnischen Untersuchungen zu Bruegel
Sabine Stanek, Václav Pitthard, Katharina Uhlir, Martina Griesser und Elke Oberthaler


The APPEAR – Project. Collaboration and benefits.
Non-destructive studies of ancient pigments on Graeco-Roman funerary portraits of the Kunsthistorisches Museum Vienna

Bettina Vak


Porträtforschung und Virtuelle Rekonstruktion - Neues zu Skulpturenprojekten der Antikensammlung
Manuela Laubenberger


Datum

Freitag, 16. November 2018
9 – 13 Uhr

Anmeldung

Wir freuen uns auf Ihre Anmeldung unter forschung@khm.at bis spätestens 13. November 2018.

Ort

Kunsthistorisches Museum Wien
Bassano Saal, 2. Stock
Maria-Theresien-Platz
1010 Wien

Kontakt

Kunsthistorisches Museum Wien
Maria-Theresien-Platz
1010 Wien
T +43 1 525 24 - 0
info@khm.at
www.khm.at

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