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Christus und die beiden Schächer

um 1626, Künstler/in: Leonhard Kern

 

 

Christus und die beiden Schächer

Christus hängt mit weit ausgespannten Armen und gestrecktem Körper am Kreuz, das Haupt dem guten Schächer zu seiner Rechten zugewandt. Mit weit geöffneten Augen und Mund scheint der Heiland seinem Leidensgefährten die Freuden des Paradieses zu verheißen. Dieser schaut ihn erwartungsvoll an, während sich der böse Schächer zur Linken Christi in einer gequälten Verrenkung abwendet. Die Wiener Kreuzigungsgruppe wurde vermutlich durch ein Bild von Stradanus in SS. Annunziata in Florenz angeregt, in dem sich der Gekreuzigte in vergleichbarer Intensität dem guten Schächer zuneigt. Mehreren Quellen zufolge hat sich Kern im kurzen Zeitraum zwischen 1624 und 1627 intensiv mit dem Thema von Kruzifix und Kreuzigungsgruppe auseinandergesetzt. In einem Brief vom 7.11.1626 äußert sich der Bildhauer emphatisch über die Möglichkeit, nach dem lebenden Vorbild zu arbeiten: "[...] Sonsten hab ich neulich ein cruzifix Model nach einem schönen wollgestalten lebendigen Man gebosiret, den ich auffgehenkt an ein Creutz gebunden und nach solchem Model ein Cruzifix 16 Zol groß gemacht". Ein derart ausgeprägter Realismus in der Wiedergabe des unbekleideten Körpers, der sich niemals im Detail verliert, findet sich in der gesamten gleichzeitigen deutschen Skulptur nicht, bei keinem Bildhauer geht Wahrhaftigkeit im selben Ausmaß vor Schönheit wie bei Kern. Die lapidare Einfachheit der gedrungenen Körper, die auf detailarmen, fast kubischen Grundformen aufgebaut sind, verleiht dem Kern'schen Figurenrepertoire seine ansprechende Modernität. Das ausdrucksstarke Skulpturenensemble, das erst in jüngerer Zeit wieder zusammengefügt wurde und vielleicht früher in einem weitaus umfangreicheren Figurenkontext verankert war, markiert somit einen Höhepunkt der frühbarocken Elfenbeinkunst und belegt exemplarisch die Souveränität Leonhard Kerns in der möglichst naturnahen Wiedergabe der bewegten menschlichen Aktfigur, dem Leitmotiv seines Schaffens ab etwa 1620.

Derzeit ausgestellt: Kaiserliche Schatzkammer Wien Raum IV

Objektdaten

Objektbezeichnung

Kruzifix; Statuetten; Elfenbeinschnitzerei

Kultur

Schwäbisch Hall

Datierung

um 1626

Künstler/in

Leonhard Kern (1588 Forchtenberg - 1662 Schwäbisch Hall) - GND

Material/Technik

Elfenbein, Mahagoni

Maße

Christus: 36,4 cm × 32,7 cm × 6,6 cm

guter Schächer: 32,6 cm × 18 cm × 6 cm

böser Schächer: 35 cm × 11,7 cm × 6,9 cm

Bildrecht

Kunsthistorisches Museum Wien, Geistliche Schatzkammer

Inv. Nr.

Schatzkammer, GS E 4

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