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Allerheiligenbild ("Landauer Altar")

1511 datiert, Künstler/in: Albrecht Dürer

 

 

Allerheiligenbild ("Landauer Altar")

Das 1511 datierte Gemälde, das auch als „Allerheiligenbild“ bekannt ist, wurde vom wohlhabenden Nürnberger Kaufmann Matthäus Landauer (um 1450 – 1515) für den Altar der Allerheiligenkapelle im Nürnberger Zwölfbrüderhaus gestiftet. Bei dem Zwölfbrüderhaus handelte es sich um eine karitative Einrichtung, die Landauer 1501 in Angriff nahm, um zwölf alten Handwerkern, die unverschuldet in Not geraten waren, eine Existenz zu sichern. Die Kapelle des Zwölfbrüderhauses selbst wurde schon um 1508 weitgehend vollendet und der Hl. Dreifaltigkeit sowie Allen Heiligen gewidmet, die Stiftung des Zwölfbrüderhauses selbst nahm 1510 ihre Arbeit auf. Eine formale Besonderheit von Dürers Lösung besteht darin, dass der Altaraufsatz nicht mehr wie im Norden üblich als wandelbares Retabel, d. h. mit klappbaren Flügeltafeln, konzipiert worden ist, sondern als „pala“ (ital. Tafel), also nur aus einer einzigen Tafel besteht. Dürer nahm hier Anregungen italienischer Kunst auf; schon als er 1505/07 in Venedig weilte, schuf er dort mit dem „Rosenkranzfest“ (heute Prag, Nationalgalerie) ein entsprechendes Altarretabel nach italienischer Konvention. Auch auf dem ersten Entwurf für den Landauer-Altar, der 1508 datiert ist (Zeichnung in Chantilly), sprechen die klassischen Architekturelemente des Rahmens für die prägende Wirkung der südlichen Renaissance. Der ausgeführte Rahmen dagegen, der ebenfalls auf einen Entwurf Dürers zurückgeht und wohl von Ludwig Krug geschnitzt wurde, weist eine Mischung mit gotischen, stärker der einheimischen Tradition verpflichteten Detailformen aus. Heute wird das Wiener Gemälde in einer um 1880/81 entstandenen Kopie seines Originalrahmens gezeigt, der sich heute noch in Nürnberg (Germanisches Nationalmuseum) befindet. Bild und Rahmen bilden eine formale und inhaltliche Einheit. Das bekrönende Bogenfeld des Rahmens und der darunter liegende Architrav zeigen als Reliefs das Jüngste Gericht, d. h. das Urteil Gottes über die Auferstandenen am jüngsten Tag, die als Selige entweder ins Paradies oder als Verdammte in die Hölle ziehen. Das Gemälde stellt dagegen den nach dem Weltgericht und dem Sieg über das Böse geschaffenen, ewigen Gottesstaat der Seligen bzw. Gerechten dar. Konkret zeigt Dürer die überzeitliche Gemeinschaft aller Gerechten, wie sie sich um die Hl. Dreifaltigkeit (dargestellt als Taube des Hl. Geistes mit Gottvater, der den Gekreuzigten vor sich hält) versammelt hat und diese anbetet. Bedeutsam ist der Einfluss der Schrift „De Civitate Dei“ (Vom Gottesstaat) des Kirchenvaters Augustinus auf Dürers Konzeption, denn Augustinus bezeichnet alle Bewohner des Gottesstaates als Heilige und schließt damit explizit auch jene Menschen ein, die von Gott in die Seligkeit aufgenommen wurden. Dementsprechend versammelt Dürer nicht nur Engel, Heilige und Propheten in den oberen Figurenzonen, die sich kreisförmig um die zentrale Gruppe der Hl. Dreifaltigkeit ziehen, sondern nimmt auch Vertreter aller irdischen Stände in der untersten Zone auf, geschieden in Geistliche (links) und Laien (rechts). Im Zentrum und besonders nah an den Betrachter gerückt, finden sich ein Papst und ein Kardinal sowie ein Kaiser und ein König, in deren unmittelbarer Nachbarschaft der greise Stifter selbst (links) bzw. sein Schwiegersohn Wilhelm Haller (rechts, in goldenem Harnisch) prominente Plätze einnehmen. Weitere Bildnisse Nürnberger Bürger werden unter den Dargestellten vermutet. Nicht nur dadurch, dass Dürer die Gemeinschaft der Gerechten im Himmel über einer weiten Flusslandschaft schwebend situiert, macht er das Visionäre seiner Darstellung deutlich. Auch der Einschluss seines Selbstbildnisses hat diesen Effekt: Winzig klein steht Dürer in der unteren rechten Ecke auf dem Landschaftsstreifen; Analogien zu Darstellungen des Johannes auf Patmos, dessen Visionen von der Endzeit selbst im Bild gezeigt werden, sind daher kaum zufällig. Indem sein Blick uns fixiert, wird die Rolle des Künstlers als Mittler der Botschaft noch betont. Guido Messling (8.6.2021)

Derzeit ausgestellt: Kunsthistorisches Museum Wien, Saal XI

Objektdaten

Objektbezeichnung

Gemälde

Kultur

Deutsch

Datierung

1511 datiert

Künstler/in

Albrecht Dürer (1471 Nürnberg - 1528 Nürnberg) - GND

Material/Technik

Lindenholz

Maße

135 × 123,4 cm

Signatur

Bez. auf der Schrifttafel rechts unten: ALBERTVS. DVRER. NORICVS. FACIEBAT. ANNO. A. VIRGINIS. PARTV. 1511; und das Monogramm

Bildrecht

Kunsthistorisches Museum Wien, Gemäldegalerie

Inv. Nr.

Gemäldegalerie, 838

Provenienz

1585 von Rudolf II. von der Stiftung des Zwölfbrüderhauses in Nürnberg gekauft; 1780 von der Geistlichen Schatzkammer in die Gemäldegalerie;

Abbildung/Person

Albrecht Dürer (1471 Nürnberg - 1528 Nürnberg) - GND

Dorothea Haller

Wilhelm Haller (Anfang 16. Jahrhundert)

Matthias Landauer (1451 - 1515) - GND

100 Meisterwerke - Allerheiligenbild Landauer Altar - Albrecht Dürer

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