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Gewehr: Radschlossbüchse

frühes 17. Jahrhundert, Besitzer: Kaiser Rudolf II., Sohn Kaiser Maximilians II. von Habsburg

 

 

Radschlossbüchse

Der Eisenschnitt dieses Prunkgewehrs wurde von dem aus Antwerpen eingewanderten Künstler Daniel Sadeler geschaffen. Der Lauf und das Schloss sind reich geschnitten und gebläut. Der Schäfter Hieronymus Borstorffer aus München arbeitete den Schaft mit deutschem Kolben aus Nussholz und sehr feinen Einlagen aus Bein, die man in Kupferstichmanier mit Szenen aus der Mythologie schmückte, wobei für solche Stecherarbeiten von den Büchsenschäftern öfters Spezialisten herangezogen wurden. Diese Prunkbüchse entspricht in ihrem genau durchdachten und ausgearbeiteten Programm sowie in der Art des Dekors der Spätblüte des Manierismus. Die zwölf mythologischen Szenen sind den Metamorphosen entnommen, wobei der Hauptteil aus denen des Ovid stammt, eine Szene aus denen des Apuleius. Beide Texte waren von einer kaum überschätzbaren Bedeutung für die Geistesgeschichte Europas. Der Schlüssel zum gesamten ikonographischen Programm findet sich unterhalb des Schlosses in der Gestalt Merkurs. In der Geschichte um Io wird die unglückliche Geliebte Jupiters, die, in eine Kuh verwandelt, auf Junos Befehl von Argus bewacht wird, von Merkur befreit. Um diesen Wunsch seines Vaters Jupiter erfüllen zu können, muss Merkur den hundertäugigen Argus einschläfern. Zu diesem Zweck erzählt Merkur Argus die Geschichte von Pan und Syrinx, die sich auf der Schlossseite findet. Nachdem er ihn eingeschläfert hat, erschlägt Merkur den Argus. Auf der Schlossgegenseite findet sich am Anschlag der Raub der Europa, der phönizischen Prinzessin, die von dem in einen Stier verwandelten Jupiter nach Kreta entführt wird. Die Bedeutung dieser Szene ist nicht nur durch ihre Größe, sondern auch durch die lateinische Inschrift "JUPITER AD THALAMUM RAPTURUS AGENORE NATAM: INDUIT CANDIDA MEMBRA BOVIS" unterstrichen, wobei der Wortlaut nicht dem der Metamorphosen des Ovid entspricht. An der Unterseite des Gewehrs findet sich Minerva, neben ihr das Medaillon des alten, schlangenschwänzigen Erichthonius. Es könnte sich hier um die Szene in den Metamorphosen handeln, in der Vulcanus Jupiter um die erneute Jugend für seinen Sohn bittet. Auf der Schlossseite beginnt der Kolben mit der Darstellung des Narziss, der sein Spiegelbild in einer Wasserpfütze betrachtet. Über dem Medaillon mit Merkur sind Kadmos und Harmonia dargestellt. Kadmos wird zur Sühne für die Tötung des Drachen in eine Schlange verwandelt.

Derzeit ausgestellt: Neue Burg, Saal IV

Objektdaten

Objektbezeichnung

Gewehr

Kultur

München

Datierung

frühes 17. Jahrhundert

Künstler/in

Daniel Sadeler , (Eisenschneider) zugeschrieben (vor 1602 Antwerpen - 1632 München, tätig in Prag und München) - GND

Hieronymus Borstorffer d. Ä. , (Büchsenschäfter) (vor 1596 München - 1637 München, tätig in München und Prag) - GND

Material/Technik

Lauf: Eisen, geschmiedet, gezogen, teils geschnitten, teils gebläut, teils feuervergoldet. Visier: Eisen. Korn: Silber, feuervergoldet. Schlossplatte, Hahn, Abzugsbügel: Eisen, teils geschmiedet, teils gegossen, teils gebläut, teils geschnitten, teils feuervergoldet, teils mit feuervergoldeten Silberperlen tauschiert. Schaft: Holz (Nussbaum). Beineinlagen: teils graviert, teils geschwärzt. Kolbenplatte: Bein. Ladestock: Holz, Horn, Bein, teils graviert und geschwärzt.

Maße

L 123 cm × H 22 cm × T 8 cm
Gewicht: 3,80 kg

Beschriftung

Lateinische Inschrift: “Juppiter ad thalamum rapturus Agenore natam. Induit egregi candida membra bouis”

Stempel / Zeichen

Schäftermarke: H.B.

Bildrecht

Kunsthistorisches Museum Wien, Hofjagd- und Rüstkammer

Inv. Nr.

Hofjagd- und Rüstkammer, D 92

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