Recherche ...

Die Geschichte der Sammlung

Die Gemäldegalerie hat ihren Ursprung im 16. und 17. Jahrhundert und erreichte bereits Ende des 18. Jahrhunderts im Wesentlichen ihre heutige Gestalt.

Sammlerpersönlichkeiten des Hauses Habsburg wie Erzherzog Ferdinand II. (1529–1595), Kaiser Rudolf II. (1552–1612) und Erzherzog Leopold Wilhelm (1614–1662) haben ihren Charakter maßgeblich geprägt. Erst im 18. Jahrhundert kam es zu einer Zentralisierung der diversen Sammlungsbestände und einer Neuaufstellung in der Wiener Stallburg. 1781 übersiedelten die Gemälde ins Schloss Belvedere, und ihre neuartige, systematische Präsentation gilt als wichtiger Moment in der Geschichte des modernen Kunstmuseums. Seit diesem Zeitpunkt ist die Gemäldegalerie öffentlich zugänglich. 1891 schließlich wird die Gemäldegalerie ebenso wie die anderen kaiserlichen Sammlungen ins neu gebaute Kunsthistorische Museum an der Wiener Ringstraße transferiert.


Die Sammlung Rudolfs II.

Auch wenn die meisten Gemälde aus dem Besitz Kaiser Rudolfs II. nach der schwedischen Plünderung Prags 1648 in alle Winde zerstreut wurden, ist seine Sammlung ein ideeller Ausgangspunkt der späteren habsburgischen Kunstförderung geblieben. Von den Fragmenten der Rudolfinischen Galerie, die nach Wien gelangt sind, befinden sich heute noch folgende Meisterwerke im KHM: die Bruegel-Sammlung, die Rudolf von seinem Bruder Ernst übernommen hatte, der Dürer-Bestand und die Werke von Rudolfs Hofmalern in Prag. Diese und eine Reihe von Meisterwerken des italienischen Manierismus (Correggio, Parmigianino) dürften Rudolfs Vorliebe für sinnliche Sujets besonders entgegen gekommen sein.


Die Gemäldegalerie Erzherzog Leopold Wilhelms

Ein entscheidender Mitbegründer der Wiener Gemäldegalerie ist Erzherzog Leopold Wilhelm (1614-1662), der Bruder Kaiser Ferdinands III. Der Erzherzog war als Statthalter in den Niederlanden (1647-1656) tätig und verstand die politische Situation gegen Ende des Dreißigjährigen Krieges, v.a. die Revolution in England, für einzigartige Bildererwerbungen zu nützen: Neben den Sammlungen Buckingham und Hamilton, die beide herausragende Werke an (ober-)italienischer Malerei enthielten, konnte der Erzherzog in den Handelszentren Antwerpen und Brüssel auch Meisterwerke der altniederländischen sowie der zeitgenössischen flämischen Malerei kaufen. Nicht nur in eigenem Interesse, sondern auch für seinen Bruder Kaiser Ferdinand III. in Prag erwarb er Gemälde, die das von den Schweden Geraubte ersetzen sollten. Auf diese Weise baute er eine Sammlung von etwa 1.400 Bildern auf, die 1656 nach Wien transportiert, in der Stallburg aufgestellt und vorbildlich katalogisiert wurde. 1662 gelangte sie in den Besitz Kaiser Leopolds I.

David Teniers d. j.: Erzherzog Leopold Wilhelm in seiner Brüsseler Galerie

Inmitten einer dekorativ arrangierten Bilderkulisse tritt der habsburgische Sammler Leopold Wilhelm, begleitet von seinem Galeriedirektor David Teniers und einigen anderen Personen, in Szene. Das Interieur stellt die Galerie des Erzherzogs in Brüssel dar. Dort baute dieser während seiner Statthalterschaft von 1647–56 eine der bedeutendsten Bildersammlungen des 17. Jahrhunderts auf und legte damit zugleich einen wesentlichen Grundstock der heutigen Wiener Gemäldegalerie an. Durch den Erwerb einiger großer Gemäldesammlungen, die nach der Revolution in England (1648) auf den Markt kamen, ist die Galerie Leopold Wilhelms innerhalb kurzer Zeit enorm gewachsen. Sie umfasste bei seiner Rückkehr nach Wien 1656 etwa 1.400 Bilder. Die hier dargestellten 51 italienischen Gemälde befinden sich zum Großteil noch heute im Kunsthistorischen Museum.


Reorganisation unter Kaiser Karl VI.

Im frühen 18. Jahrhundert hatte Karl VI. beschlossen, den auf verschiedene Residenzen verteilten habsburgischen Gemäldebesitz in Wien zu vereinigen. Sein eigener, zum Teil aus Spanien mitgebrachter Kunstbesitz wurde zusammen mit den Beständen Ferdinands II. aus der Prager Burg und der Sammlung Leopold Wilhelms in den aufwendig adaptierten Räumen der Stallburg nach barocken, einem dekorativen Gesamtkonzept gehorchenden Prinzipien neu aufgestellt.

Im Zuge seiner Unternehmung beauftragte Karl VI. 1728 den neapolitanischen Maler Francesco Solimena, ein großes Widmungsbild anzufertigen, das dem Kaiser und seinem Kunstsinn ein Denkmal setzen sollte: Mit feierlichem Gestus übergibt der kaiserliche Baudirektor Gundaker Althann dem Kaiser das Inventar von dessen neu gestalteter Sammlung. Karl VI. ließ außerdem von Ferdinand Storffer ein gemaltes Bildinventar anlegen, das uns bis heute eine Vorstellung vom Aussehen und den Beständen der kaiserlichen Galerie seiner Zeit übermittelt.


Aufstellung im Oberen Belvedere

50 Jahre später muss die spätbarocke Aufstellung in der Stallburg als starr, nicht erweiterbar und unzeitgemäß empfunden worden sein. Zudem kamen unter Maria Theresia und Josef II. in den späten siebziger und in den achtziger Jahren des 18. Jahrhunderts viele großformatige flämische und italienische Altarbilder aus aufgelösten Klöstern und Kirchen hinzu.

Maria Theresia beschloss daher 1776, die kaiserliche Gemäldegalerie im Oberen Belvedere, dem ehemaligen Gartenschloss des Prinzen Eugen von Savoyen, öffentlich zugänglich zu machen. 1781 war diese nach historischen Gesichtspunkten geordnete Neuaufstellung beendet, in der der Geist der Aufklärung mit seinem Anspruch auf Bildung und Systematik spürbar war. Zur Eröffnung der Galerie erschien ein Verzeichnis der Gemälde, einer der ersten nach wissenschaftlichen Kriterien erarbeiteten Publikumskataloge, in deutscher und französischer Sprache. Anhand des im Katalog publizierten Grundrisses sind die Ordnungsprinzipien der neuen Aufstellung im Oberen Belvedere erkennbar. Die neuartige, systematische Präsentation im Schloss Belvedere gilt als wichtiger Moment in der Geschichte des modernen Kunstmuseums.


Das neue Haus im 19. Jahrhundert

Eingeleitet durch die napoleonische Besatzung Wiens im Jahr 1809, die erhebliche Verluste an Bildern nach sich zog, brachte das 19. Jahrhundert für die kaiserlichen Sammlungen einen fast vollständigen Stillstand der Erwerbstätigkeit. Allerdings wandte man sich im letzten Viertel des Jahrhunderts der inneren und äußeren Neuordnung des gesamten habsburgischen Kunstbesitzes zu. Zwischen 1871 und 1891 errichteten Gottfried Semper und Karl Hasenauer das Museumsgebäude am Ring, in dessen Hauptgeschoß die Gemäldegalerie bis heute untergebracht ist.


20. und 21. Jahrhundert

Nach dem Ende des Ersten Weltkriegs und dem Untergang der österreichisch-ungarischen Monarchie 1918 gingen die kaiserlichen Sammlungen in das Eigentum der Republik Österreich über. Nach 1945 kam es zu neuerlichen Umstrukturierungen und Sammlungsverschiebungen. Die Österreichische Galerie bekam den gesamten Bereich der österreichischen Malerei.

Wie alle großen fürstlichen Gemäldesammlungen Europas ist die Gemäldegalerie des Kunsthistorischen Museums in ihrem Bestand so gut wie abgeschlossen; alle Neuerwerbungen können nur das Vorhandene ergänzen und abrunden, nicht aber ihr Profil grundlegend verändern. Dennoch ist sie nicht „tot“, sondern erhält durch ihre Besucher, die das oft Gesehene immer wieder neu betrachten, frisches Leben.


to top