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Das Heroon von Trysa

Die Friese des Heroons von Trysa zählen zu den außergewöhnlichsten Denkmälern der antiken Welt. Auf der im Südwesten der heutigen Türkei gelegenen Halbinsel Lykien schmückten sie einst die Umfassungsmauer eines Heroons, einer Grabstätte eines einheimischen Fürsten, dem wie einem Helden (Heros) kultische Verehrung entgegengebracht wurde. Mit einer Gesamtlänge der Friese von 211 Metern, auf denen beinahe 600 aus dem Stein gemeißelte Figuren zu 15 Themen komponiert sind, ist das Heroon das größte und an Vielfalt der Darstellungen reichste Denkmal Lykiens und eines der bedeutendsten Grabmonumente der Klassischen Antike.

Im Auftrag eines lokalen Herrschers entstand ein Bildprogramm, das in einer Verbindung von klassisch-griechischen, einheimisch-lykischen, ägyptischen und orientalischen Elementen zahlreiche Facetten der damaligen Gesellschaft wiedergibt. Die einzigartige, reiche Bilderwelt dieser Friese greift dabei Themen auf, die zu den spannendsten der griechischen Mythologie zählen. Hinter den Darstellungen einzelner Szenen darf man reale Ereignisse der lokalen Geschichte und aus dem Leben des Grabinhabers vermuten, die in heldenhafter Bildersprache wiedergegeben oder durch einen Mythos umschrieben wurden.

Gezeigt wird etwa der Kampf des griechischen Helden Odysseus gegen die Freier, die während seiner 20-jährigen Abwesenheit sein Hab und Gut verprasst hatten. Die große Besonderheit der Darstellung liegt in der getreuen Umsetzung der literarischen Vorlage, die geradezu wörtlich in Stein übertragen wurde. In der Belagerungsszene einer Stadt ist das starke räumliche Empfinden durch Anwendung der Linearperspektive, durch gezielten Einsatz unterschiedlicher Relieftiefe und durch die Staffelung von Figuren zum Ausdruck gebracht. Das Bildthema entwickelt sich über beide übereinanderliegende Friesreihen – eine für die klassische Bilderwelt einzigartige Darstellungsweise.

Die 1881 wiederentdeckten Reliefs wurden in den Jahren 1882 bis 1884 für die kaiserlichen Sammlungen erworben und mit Genehmigung der türkischen Behörden nach Wien gebracht. Seit damals wurde um eine adäquate Präsentation der Relieffriese gerungen, die mehrmals projektiert und immer wieder verschoben wurde.

Eine vollständige Aufstellung des einzigartigen Monuments ist möglich geworden, indem jene Raumgruppe, die zurzeit an das Haus der Geschichte Österreich vermietet ist, baulich adaptiert wurde, um die Reliefwände durchgehend in voller Länge präsentieren zu können. Es bleibt zu hoffen, dass dieses spektakuläre Monument schon sehr bald der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden kann.

Vorentwurf der Präsentation der Heroonfriese im Ephesos Museum in der Neuen Burg.
© Südstudio Stuttgart/KHM-Museumsverband
Vorentwurf der Präsentation der Heroonfriese im Ephesos Museum in der Neuen Burg.
© Südstudio Stuttgart/KHM-Museumsverband

Die Publikation, die vom Fotoatelier des Kunsthistorischen Museums Wien angefertigte Neuaufnahmen der Reliefplatten enthält, ist Ende 2015 im Verlag Holzhausen erschienen: A. Landskron, Das Heroon von Trysa. Schriften des Kunsthistorischen Museums Wien 13 (Wien 2015).

Schriften des KHM
Das Heroon von Trysa Bd. 13/1
Schriften des KHM
Das Heroon von Trysa Bd. 13/2

Publikationen

  • Alice Landskron, Mythos und Lebensbild. Das Heroon von Trysa, in: Jahrbuch des Kunsthistorischen Museums Wien 10, 2008, 117–127
  • Wolfgang Oberleitner, Das Heroon von Trysa. Ein lykisches Fürstengrab des 4. Jahrhunderts v. Chr., Zaberns Bildbände zur Archäologie 18, Mainz 1994
  • Fritz Eichler, Die Reliefs des Heroon von Gjölbaschi-Trysa, Kunstdenkmäler, herausgegeben von Ernst Garger, Heft 8, Wien 1950
  • Otto Benndorf, Das Heroon von Gjölbaschi-Trysa, Wien 1889
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