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Wiener Silber

Modernes Design 1780 – 1918

Die Ausstellung „Wiener Silber. Modernes Design 1780–1918“ zeigt, daß die Geschichte des modernen Designs nicht nur älter, sondern auch vielschichtiger ist als allgemein geschildert. Bereits Ende des 18. Jahrhunderts, besonders aber im Wiener Biedermeier wurden Formen entwickelt, die bis in unsere Zeit nicht an Gültigkeit verloren haben. Diese Objekte wirken durch die Reduktion auf geometrische Grundformen und das Weglassen des Dekors zeitlos modern.
Im Wien der Jahrhundertwende beriefen sich Josef Hoffmann und Koloman Moser auf die funktionsbetonte Wohn- und Alltagskultur dieser Zeit und schufen mit ihren Entwürfen für die Wiener Werkstätte die ersten radikalen Designobjekte des 20. Jahrhunderts. Über Bewegungen wie De Stijl und das Bauhaus fand diese Formensprache den Weg in die Massenproduktion und damit in das heutige Designvokabular.

Über 200 ausgewählte Silberobjekte aus der Zeit des Klassizismus bis hin zur Wiener Werkstätte dokumentieren den Beitrag Wiens zur Entwicklung der modernen Formgebung.

Der weite Rahmen dieser Ausstellung erlaubt es, die Wiener Tradition einer modernen Formgebung in einen größeren Zusammenhang zu bringen und somit neue Bezüge herzustellen. Sie spannt den Bogen vom Klassizismus bis in die Zeit der Wiener Werkstätte und konzentriert sich ausschließlich auf Objekte aus Silber und anderen Metallen. In diesem Material ist eine moderne Formensprache am deutlichsten erkennbar und kann durch eine repräsentative Anzahl von Beispielen belegt werden. Die Auswahl der Objekte erhebt nicht den Anspruch auf einen Gesamtüberblick über die stilistische Vielfalt der Wiener Silberproduktion dieser Zeitspanne, sondern zeigt selektiv nur jene Gegenstände, die als Vorboten des modernen Designs gesehen werden können. Sie berücksichtigt gegenläufige Strömungen, wie etwa den Historismus, nicht.

In fünf Kapiteln lädt die Ausstellung den Besucher auf eine assoziative Reise sowohl in ästhetischer als auch inhaltlicher Hinsicht ein. Als Wende- und Ausgangspunkt einer neuen Formentwicklung werden im ersten Kapitel die spezifischen Charakteristika des Rokoko jenen des Klassizismus gegenüber gestellt. Das zweite Kapitel mit dem Titel »Klassizismus« beleuchtet in den drei Unterkapiteln »Die Antike als Vorbild«, »Die Reduktion« und »Die Geometrie als Sprache der Aufklärung« die Rolle des Klassizismus als ständiger Begleiter der Moderne. Im dritten Kapitel »Vom Ideal der Schlichtheit zum modernen Gebrauchsgegenstand« werden Wiener Silbergegenstände der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Klassikern des Designs aus dem 20. Jahrhundert verglichen. Damit soll eine neue Sichtweise auf die Entstehung des Modernen Designs ermöglicht werden. Im vierten Kapitel »Mobilität – eine Maxime der modernen Gesellschaft« wird auf die funktionsgeprägte Formgebung des Reisegeschirrs im 19. Jahrhundert als Quelle einer modernen Ästhetik hingewiesen. Darüber hinaus werden die stromlinienförmigen Entwürfe von Josef Hoffmann und Koloman Moser futuristischen Flugobjekten gegenübergestellt. Das fünfte Kapitel »Stil und Selbstdarstellung« beschreibt die enge Symbiose zwischen den Künstlern der Wiener Werkstätte und ihren Auftraggebern als Motor einer neuen Stilfindung. Mit »Wiens Experiment der Moderne« als letztem Kapitel wird schließlich anhand radikaler Entwürfe von Josef Hoffmann und Koloman Moser aus den Anfangsjahren der Wiener Werkstätte die erneuernde Kraft der Künstler für die moderne Gesellschaft zum Ausdruck gebracht. Die Radikalität ihrer künstlerischen Formen dient in erster Linie der Verdeutlichung einer Umbruchzeit. Der Gegenstand verlässt seine angestammte Rolle und wird zum Statement. Die Grenzüberschreitungen zwischen Design und Kunst als Vorahnung auf den kommenden Kubismus und Konstruktivismus werden deutlich.

Christian Witt-Dörring

Information

16. November 2004
bis 20. Februar 2005

 

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